Heute ist ein Tag, da wird der Doktor eine tragende Rolle spielen. Nicht nur, dass er auf der schwankenden und knarzenden Bühne spielen darf. Nein, im Laufe des Tages wird er auch mehrfach Recht haben und Sachen vorhersagen, die tatsächlich auch so eintreffen. Es gibt so Tage, da braucht es eben einen allwissenden Doktor an der Seite.
Nach gutgelaunten Frühstück, heute ist man nicht ganz so grummelig wie am Vortag, geht es on the road. Man steuert auf den Kreisverkehr zu. Das Schachkid wähnt sich auf der richtigen Spur. Der Doktor ist nicht überzeugt und plädiert für einen Spurwechsel. Das Schachkid war jedoch schon mehrfach an der fraglichen Stelle. Und wird fast von einem Transporter von der Strasse gerammt, da das Schachkid auf der falschen Spur steht. Der Doktor hat Puls.
Die weitere Anreise verläuft ohne Zwischenfälle. Das Schachkid darf schon wieder nicht in den schönen Spielsaal und muss in der Turnhalle spielen. Aber nur für eine halbe Stunde. Danach hat man 29 Züge ausgeblitzt und der Kleine, der bestimmt noch gut wird, zieht von Dannen.
Der Doktor hat zwar auch so einen Kleinen.Nur hat dieser schon zwei 1700er vom Brett gefegt und der Doktor macht schon wieder dicke Backen.
Das Schachkid hat derweil Hunger und macht sich auf dem Weg zum Mittagessen in die Stadt. Am benachbarten Biomarkt angekommen, steht das Schachkid vor verschlossener Tür. “Stromausfall” merkt eine andere Kundin an. “In ganz Deutschland”. Dem Schachkid, im Krisenmanagement eines großen Energieversorgers arbeitend, bleibt kurz das Herz stehen. Deutschandweiter Blackout? “Mach mal halb lang” relativiert der Ehemann seine Ehefrau. Diese setzt nach “Sromausfall, Deutschlandweit, in Clustern, immer mal wieder!”. Die Frau scheint eine Querdenkerin zu sein und möchte vor allem an ihren Einkaufskorb.
Zumindest, was Bad Schwartau angeht, hat die Dame recht. Die ganze Innenstadt ist tot. Der Rewe, die Bank, Geschäfte, alles dunkel und dicht. Auch der Afghane, da gibt es keine kalte Küche. Aber das Schachkid sieht in der Düsternis eine Lichtoase. Der lokale Fleischer hat offenbar eine Notstromversorgung und Sitzgelegenheiten. Das Schachkid bekommt warmen Grünkohl serviert. Der sichere Instinkt des Krisenmanagers hat sich wieder mal bewährt.
Der Doktor hat derweil gewonnen und kündigt seine Ankunft an. Das Schachkid wappnet sich für einen längeren Aufenthalt beim Fleischer und ersteht ein Glas Rotwein. Der Doktor ist nun da, möchte nichts essen und ins Hotel fahren. Das Schachkid guckt auf sein großes Glas Rotwein. Schlechtes Timing, meint das Schachkid und möchte verweilen. Man einigt sich den Rotweinkonsum und die Fahrt zum Hotel. Und wieder hatte der Doktor recht. Im Hotel ein kleines Nickerchen und etwas lang legen sind doch besser als drei Stunden rumhocken beim Fleischer.
Die Auslosung meint es nicht gut mit dem Schachkid. Der Doktor hat es mit 3 aus 3 Punkten auf die Bühne an Brett vier geschaft, während das Schachkid schon wieder in die Turnhalle muss. Der Gegner ist ein einheimisches Vereinsmitglied, hat keine Zahl und wurde von der hiesigen Lokalzeitung als Lokalmatador bezeichnet. Das erscheint dem Schachkid angesichts der Tatsache, dass man nach 40 Minuten fertig ist, nun doch stark übertrieben.
Kurioserweise hat der Gegner das Schachkid früh morgens befragt, ob man nicht eine freie Partie gemeinsam spielen wolle. Das hatte das Schachkid noch verneint. Prompt sitzt man am Nachmittag am Brett gegenüber.
Der Doktor kommt gegen 17.30 Uhr in die Mensa des Spiellokals und meint zum Schachkid, er sei bestimmt bald fertig, Das Schachkid geht davon aus, dass man heute nicht bis 20.30 Uhr warten muss und man um 19.00 Uhr zum Essen schreiten könne. Ein Zwischenimbiss mus her. Makrelenbrötchen ersteht das Schachkid. Dreht sich mit dem Teller um und erblickt wie vom Donner gerührt den Doktor, der stirnrunzelnd das Schachkid anguckt. Schlechtes Timing zum zweiten Mal an diesem Tag. Der Doktor hatte schon wieder recht. Die Brötchen müssen jetzt verzehrt werden, den Doktor regt der Fischgeruch auf.
Man beschließt den Abend bei Mr. Wu. Der Chinese, dem Hotel “Vier Jahreszeiten” angegliedert, bietet ein Abendbuffet an, was rege genutzt wird. Zumindest laufen in dem Lokal so einige Wuchtbrummen herum, die auch ordentlich zulangen. Dem Schachkid ist das nix. Es schmeckt nicht schlecht. Aber das Schachkid möchte nicht selbst zum Essen laufen, sondern bitte schön Kultur und ordentlichen Service am Platz haben. Den Vorschlag, die morgige Runde ausfallen zu lassen und spontan zur “Garage du Pont” nach Potsdam zu brettern, lehnt der Doktor komischerweise ab.
Im Hotel angekommen will das Schachkid die angekündigte Wiedergutmachung wegen des nicht gereinigten Zimmers an der Rezeption haben. Die weiß von nix. Der Juniorchef wird angerufen. Das Schachkid soll in einer Stunde wieder kommen. Da schläft das Schachkid schon. Der Doktor wird beauftragt, in einer Stunde die Lage an der Rezeption zu sondieren. Das Schachkid ist gespannt, ob am nächsten Tag was rumkommt.