Das erste Mal seit 24 Jahren spielt das Schachkid zwischen Weihnachten und Silvester kein Schachturnier mit. Zeit, um noch fehlende Turnierberichte aus 2020 zu veröffentlichen, wie etwa dieses.
12. Neujahrsturnier am 11.1.2020 in Groß Schönebeck. Das Schachkid hat keine Lust. Die erste Arbeitswoche im neuen Jahr war doch ein wenig härter als gedacht. Aber nun hat das Schachkid zugesagt und fährt auch hin. Und kommt natürlich 15 Minuten zu spät. Die Anmeldung schließt gerade.
Dieses Jahr sind es erheblich weniger Spieler hier als im letzten Jahr. Vermutlich, weil es mit zeitgleich stattfindenden Turnier in Leegebruch eine Konkurrenzveranstaltung gibt,
In der ersten Runde spielt das Schachkid gegen ein Kind, dessen Name sich anhört wie der eines Klingonen. Der gegnerische Klingone nimmt gleich einen Bauern weg, den das Schachkid aus Versehen stehen lässt. Der Klingone scheitert erfreulicherweise am mangelnden Zeitmanagement. Und verliert daher. Das Schachkid ist noch im Spiel.
Draußen vor der Tür frustrierte Berliner Jugendliche. Beide peilen den Turniersieg an. Mi 0 aus 1 und 0,5 aus 1 dürfte das aber sportlich werden.
Zweite Runde, das Schachkid hat es an das dritte Brett geschafft. Wieder einmal mit Schwarz gegen Cornelia Koppe. Die letzte Begegnung in Berlin ging nicht gut für das Schachkid aus. Wieder Königsindisch, aber das Schachkid hat darüber ja ein Buch gelesen. Königsangriff, die Rüdersdorferin lässt eine Figur nach der anderen stehen. Ist nicht ihr Tag heute.
Die Wartezeiten zwischen den Pausen nerven. Es gibt keinen ruhigen Aufenthaltsraum. Die beiden Aufenthaltsräume sind voller Kinder und nichts für das erholungsbedürftige Schachkid. Daher wird im Flur auf einer Fensterbank campiert. Die Auslosung dauert ewig. Der Schiri hat die Ruhe weg und platziert die Leute einzeln. Man könnte ja auch einen Aushang der Auslosung machen. Da nirgendwo feste Rundenzeiten veröffentlicht sind, müssen vor jeder Runde grundsätzlich 4-5 Spieler gesucht und beigeholt werden. Das Schachkid will nach Hause, das nervt unheimlich.
Bis zur Auslosung der dritten Runde dauert es geschlagene 40 Minuten. Das Schachkid ist jetzt richtig abgenervt. An der Tür hängt jetzt auch ein Zeitplan. Da steht „Beginn der 3. Runde um 11.25 Uhr“ – es ist schon 12.15 Uhr. Die Runde hat noch nicht begonnen und der behäbige Schiri ist nirgends zu sehen.
Um 12.20 sieht das Schachkid den Schiri mit vollem Teller in das Turnierbüro entschwinden. Um 12.25 Uhr taucht der Schiri mit der Auslosung wieder auf. Das Schachkid herrscht den Schiri etwas ungehalten an, wieso die Auslosung 40 Minuten dauere. Es gäbe eine Pause, das habe er doch gesagt. Das Schachkid hat, das nicht gehört, die Berliner Jugendlichen auch nicht. Und die sind jung und müssen noch gute Ohren haben. Auf dem Zeitplan steht die Pause auch nicht. Das Schachkid ist jetzt richtig gereizt. Zu Rundenbeginn fehlen natürlich wieder 5 Kinder.
Dritte Runde, der Gegner kann seinen Sieg nicht fassen. Kein Wunder, wenn das Schachkid auf billige taktische Tricks hereinfällt.
Der Schiri verschwindet erneut mit einem Teller und 2 Brötchen im Turnierbüro. Dem Schachkid schwant übles. Der Schiri schafft die Auslosung aber in rekordverdächtigen 20 Minuten. Weitere 10 Minuten braucht er, um die Leute zu platzieren. Eine Liste mit Auslosungen jede Runde an die Wand hängen, 10 Minuten in jeder Runde sparen, das Leben könnte so einfach sein.
Die Partie des Schachkids ist nicht sehr anspruchsvoll. Der Gegner lässt sich einzügig mattsetzen.
Was machen wartende Eltern? Zwei Väter gucken entnervt in die Luft. Drei Mamas lesen ein Buch, zwei zocken am Handy, eine am Laptop. Das Schachkid hat sich in den Aufenthaltsraum begeben. Eine Großmutter, die extrem nach Rauch riecht, spricht das Schachkid an. Sie möchte sich gerne auf den Stuhl setzen, auf dem das Schachkid sitzt. Das Schachkid verweist auf die anderen 15 freien Stühle im Raum.
Die Oma ist empört, lehnt sich demonstrativ an die Heizung und beobachtet argwöhnisch das Schachkid. Eigentlich wollte das Schachkid gerade wieder in den Turnierraum. Aber bei so viel Renitenz plant das Schachkid um und bleibt erst recht erstmal 30 Minuten auf dem Stuhl sitzen. Mal gucken, ob die renitente Oma 30 Minuten auf der Fensterbank durchhält und die anderen freien 15 Stühle ignoriert.
Tut sie nicht – nach 15 Minuten brüllt die im Leopardenlook gekleidete Oma herum. Das Schachkid fragt höflich nach, ob an dem Stuhl, auf dem das Schachkid sitzt, der Name der Dame stünde und verweist erneut höflich auf die anderen 15 freien 15 Stühle. Das Schachkid versucht es nun mit Ignoranz. Das macht die Oma nur noch wütender. Drei andere Mamas springen der Oma bei. Wie das Schachkid nur diese hilflose alte Oma stehen lassen könne. Das Schachkid verweist erneut auf die 15 freien Stühle, auf die sich die hilflos keifende Oma setzen könnte.
Diese wird nun tätlich und hebt den Stuhl samt Schachkid leicht an, um das Schachkid vom Stuhl zu werfen. Eine beachtliche Leistung für die Dame, das Schachkid wiegt immerhin 117 kg. Die andere meckernde Mama räumt nun demonstrativ einen weiteren Stuhl frei, den sie mit einer Tasche blockiert habe für ihr Kind. Dieses wurde seit zwei Runden in dem Raum nicht gesehen, da es wahlweise Schach oder drau0en spielt.
Der Schiri hat sich nun eingeschwungen und gibt Gas. Für 14.05 Uhr hat er sich angekündigt, um 14.03 Uhr ist er da. Und mosert herum, dass noch nicht alle Spieler da sind. Man wolle nicht hier bis 17.00 Uhr hier herum hocken. Das ihm das nicht eher eingefallen ist.
Nun ein kleiner Pole. Dieser pariert das Opfer und den Angriff des Schachkids gekonnt. Und gewinnt verdient. Offenbar wird auch in Polen gute Nachwuchsarbeit gemacht.
Der Schiri wird immer schneller. Als das Schachkid zur nächsten Runde kommt, sitzt schon alles – leider falsch. Der Schiri hat das Ergebnis vom Schachkid falsch eingetragen. Also neue Auslosung, aber das wird man bis 17.00 Uhr doch schaffen.
Sechste Runde, schon wieder so ein kleiner Pole. Der genauso gut spielt wie der letzte kleine Pole. Das Schachkid hält mit Mühe und Not Remis.
Nach der Runde macht sich das Schachkid auf, um nach der renitenten Oma zu sehen. Leider ist sie schon weg. Was sehr schade ist. Da ihr das Schachkid gerne noch ein paar Takte gesagt hätte. Liebe renitente Oma, wenn Sie dies lesen, meine Adresse steht im Impressum. Melden Sie sich gerne.
Highlight dieses Turnieres ist wieder das Buffet, was Eltern mit viel Liebe gestaltet haben. Das Schachkid verkostet Kuchen.
So gestärkt geht es in die siebte Runde am siebten Brett. Als das Schachkid kommt, sitzt schon wieder alles. Offenbar will der Schiri nach Hause.
Ein taktischer Trick und der gegnerische Springer wird gefällt. 4,5 aus 7 – das hätten mehr Punkte sein können.
Wenig Platz im Spielraum, renitente Omas, kein vernünftiger Aufenthaltsraum. In den ersten drei Runden eine extrem langsame Auslosung. Das Schachkid hat lange kein so katastrophales Turnier gespielt, was die Spielbedingungen angeht. Keine Turnierempfehlung für die kommenden Jahre.
Super! Lesenswert, lustig, lebensnah!