Sonntag und gleich Stress. Vor der Runde ist ein Schnellschachturnier. Der Doktor fühlt sich megafit, das Schachkid hat keine Lust. Aus reiner Solidarität meldet sich das Schachkid heimlich an und freut sich schon auf das entsetzte Gesicht des Doktors. Enttäuschenderweise ist er nicht entsetzt.
Es geht rauf und runter, mal werden Punkte liegen gelassen und dann wieder gewonnen. Nach der dritten Runde knippst man das Flutlicht an. Im Spiellokal blenden blötzlich Strahler von allen Ecken, als ob im Weltraum plötzlich von Transformkanonen abgefeuerte Atomsonnen stehen würden. Perry Rhodan Fans wissen, von was das Schachkid spricht.
Nach der 5. Runde hat das Schachkid, 1,5 Punkte, Hunger und die Nase voll vom Deckenlicht. Das Schachkid schreitet zur Entenkeule im hauseigenen Restaurant. Der Doktor hält noch durch und kann nach sieben Runden Platz 19., 3,5 Punkte und eine Bierdose als Preis vorweisen.
Mittagsschlaf klappt auch nicht. Nach dem Essen muss ein kleines Mädchen mit einer 1113 Elo zügig aus dem Weg geräumt werden. Die kleine Polin spielt natürlich wie alle Kinder gut. Das Schachkid rettet sich ins Endspiel und zählt minutenlang Felder. Und die Kleine braucht füt den Bauerneinzug immer ein Feld weniger. Erfreulicherweise hat das Schachkid ein Reservetempi. Der CM betont ja stets, die seien wichtig. Nun ziehen beide Seiten gleichzeitig ein. Das Schachkid aber ist am Drücker und kontrolliert das gegnerische Umwandlungsfeld. Das weiß auch die Gegnerin und bietet prompt Remis. Das Schachkid lehnt ab und muss zur Strafe die Gegnerin matt setzen. Nervig diese Kinder.
Unglaublich, welche Fehler sich beide Seiten geleistet haben und wie schnell ein Zug ein Endspiel mehrfach in die eine oder andere Richtung kippen kann.
Das Schachkid hat extra flott gespielt, da es in die Skybar des Hotels will. Dort soll es einen Rundumblick geben. Man löst an der Rezeption für 13 Euro ein Ticket und soll dann in der Skybar eine Flatrate haben. Das Schachkid sieht sich schon einen Cocktail nach dem anderen trinken und eilt nach der Partie umgehend zur Rezeption und bekommt dort zwei Tickets. Mit dem Fahrstuhl in der 9. Etage angekommen sitzt dort auch gleich eine Dame und bewacht den Flur. Und kontrolliert streng, wer da aus dem Fahrstuhl tritt. Das Schachkid kann sich ausweisen und wird von der Dame in die Skybar geleitet.
Dort macht sich Ernüchterung breit. Das Schachkid ist alleine, die Dame knipst erstmal das Licht an. Es gibt zwar ein Rundumblick. Da es aber draußen dunkel ist, sieht man nur den Strassenverkehr. Es stehen Sessel und ein Sofa herum, Jazz gibt es aber nicht. Bedient wird man auch nicht. Wie in der Kantine stehen auf einem Tisch ein paar Kannen Kaffee nebst Schnittchen und Limonaden. Das Schachkid will Prosecco und wird nach etwas suchen im Kühlschrank fündig. Selfservice ist angesagt. So wird die Flasche entkorkt und ein Gläschen Prosecco eingeschenkt. Das Schachkid hat es sich gerade bequem gemacht. Da funkt der dicke Doktor, er habe Remis gemacht. In jedem Turnier spielt der dicke Doktor in jeder Runde vier Stunden und länger. Und wenn es sich das Schachkid einmal mit einer Flatrate für Prosecco macht, schiebt er Remis.
Also schlürft das Schachkid in aller Eile einen Prosecco für 13 € und eilt in die Lobby. Man will auswärts essen gehen. Die Wahl fällt auf den Mexicaner namens “Hermanos”. Nach einigen Irrungen kommt man auch an. An der Ecke ist nix, wo das Navi hingelotst hat. Zwei Stierköpfe erregen des Schachkids Aufmerksamkeit. Offenbar geht es in einem Keller hinab. Der Doktor guckt ängstlich. Das Schachkid vermutet eine Schwulenbar, das Lokal heisst immerhin “Hermanos” (=Brüder). Im Keller angekommen ist es eine Retrobar mit jeder Menge Flippern und Spielautomaten aus den Achtzigern. Den Lucky hätte man hier nicht mehr wegbekommen. Dem Doktor ist das nix.
Nun muss er navigieren. Das Schachkid hat kein Akku mehr. 300m Gelatsche und man steht vor einer Hecke. Dahinter liegt das Vereinslokal eines Tennisclubs. Zweiter Versuch des Doktors – er navigiert zu einer Imbissbude, die geschlossen hat. Das Schachid nimmt sich vor, am nächsten Abend das Handy aufzuladen und die Navigation zu übernehmen. Hinter der Imbissbude ist ein dunkler Hof, wo es laut ist. Da kommen Tschechen her, da muss es was geben. Der Doktor weigert sich und vermutet eine kriminelle Vereinigung.
Immerhin wird nebenan was erspäht. So landet man beim Inder. Komisches Konzept, eine ehemalige Fabrikhalle, es geht wieder in einen Keller. Offenbar sind in Brünn alle Kneipen und Restaurants im Keller. Eine Riesenfläche, dafür nur wenige Tische, die alle gefühlt 10 Meter auseinander stehen. Offenbar noch Überreste von Corona, da war Abstand halten ja modern. Das Essen ist so lala und Likörchen gibt es auch nicht. Keine kulinarische Offenbarung.
Der Tag ist fürwahr eine gastronomische Enttäuschung.