Heute ist wieder so ein Tag, da kommt man kaum aus dem Hotel raus. Man macht Urlaub und sieht nix von der Stadt. Es ist volles Schachprogramm heute. Ein Blitzturnier steht an, da macht man mit. Immerhin 34 Teilnehmer haben sich eingefunden. Und das Turnier bringt überraschende Erkenntnisse.
Ein Typ hat eine frisierte Zahnbürste auf dem Kopf, er sieht so aus, ist aber gut. Bei der Siegerehrung sieht man gleich, wer Tscheche und wer Deutscher ist. Die Tschechen nehmen die Tshirts. Die Deutschen nehmen das Bier. Die kleine erwartete Gegnerin Maria Alvazo Santos Do Duarte stellt sich als Spanier aus Malaga mit Vollbart heraus. Er will aber lieber mit dem Schachkid Englisch statt Spanisch sprechen, obwohl sich das Schachkid wirklich Mühe gibt, aber partout nicht auf „Where do you come from“ kommt, sondern nur hilflos „De donde eres“ fragt. Aus Malaga, und es war das erste Turner von Maria. Da steht der hellfeldrige Läufer schonmal plötzlich auf einem dunklen Feld.
GM Teske ist auch wieder da und beäugt die Spiele der Peglau-Mädels und des einzigen Sohnes der Familie. GM Teske scheint die Kinder längerfristig zu coachen. Jedenfalls hat der die Familie schon vor zwei Jahren in Pardubice betreut. Das Schachkid, das Ipad immer dabei, googelt mal kurz. Die Famile hat tatsächlich eine eigene Seite mit der Adresse https://www.peglauschach.de/.
Da fällt dem Schachkid echt nix mehr ein. Die Seite wirbt „Vielfältig, individuell und trotzdem eins – das sind wir: Familie Peglau!“. Auf der Startseite glänzt ein Foto mit allen Familienmitgliedern beim Schach in ländlicher Idylle. Die Familienmitglieder werden vorgestellt, der arme Junge hat sechs Schwestern. Und unter News gibt es die neuesten schachlichen Erfolge zu bestaunen. Da fällt dem Schachkid nichts mehr ein und fragt sich, ob das Realsatire ist.
Gespielt wurde natürlich auch noch. Der dicke Doktor ist nicht in Form und klagt eins ums andere Mal. Zwischenzeitlich liegt das Schachkid auch mal vor dem Doktor. In Runde 5 wird man gegeneinander gelost. Das Schachkid spielt extra kein Englisch, denn der Doktor hat den empfehlenswerten Kurs „Die englische Eröffnung“ von Jonathan Carlstedt durchgearbeitet. Man leistet sich eine wirklich spannende Partie und muss das Turmendspiel Remis geben, wobei der dicke Doktor zugegebenermaßen einen Bauern mehr hat. Immerhin, der dicke Doktor landet mit 5,5 Punkten auf Platz 18 und war auf 19 gesetzt. Das Schachkid, auf 27 gesetzt, kommt mit 5 Punkten auf Platz 24 an. Und zwei Büchsen Bier als Preis sind auch noch drin. Da kann man mit dem Vormittag nicht unzufrieden sein.
Das Schachkid verbringt den Tag heute wahlweise an der Hotelbar oder am Brett. Heute ein starker Wiener. Eigentlich ist es der schwächere Wiener, denn es gibt noch einen FM gleichen Namens. Die Stellung ist komplex und das Schachkid sieht einen Bauerngewinn für den Gegner. Den sieht der Computer später auch und assistiert dem Schachkid eine sehr schlechte Stellung. Der Gegner spielt erfreulicherweise ohne Computer und sieht es nicht. Das Remis ist wirklich verdient vom Schachkid nach diesem schweren Endspiel.
Ein schweres Kaliber hat der Doktor. Das ist zwar nur eine 1500, von der Zahl her als auch vom Alter. Aber der Jugendliche spielt und spielt und spielt. Der Doktor kommt ins Schwitzen und zieht sein Hemd aus. Das Schachkid weiß, nun wirds ernst. Englisch kann er aber nicht, der Junge. Das Schachkid ist wie immer eher fertig als der Doktor und trifft den Jugendlichen in der Hotelbar. Dieser wird vom Schachkid sogleich nach dem Ergebnis befragt. Dieser versteht nur Bahnhof, Englisch ist nicht seins. Das Schachkid ruft „Game“ und fuchtelt mit dem Daumen nach oben und nach unten. Der Junge hält den Daumen waagerecht für Remis. Das Schachkid gratuliert via Whats App und kriegt keine Antwort. Das Schachkid vermutet einen schmollenden Doktor auf dem Hotelzimmer. Weit gefehlt. Der kommt nach 90 Minuten völlig erschöpft und meint, er habe bis jetzt gespielt. Nicht mal mehr ein Schnitzelchen will er mehr, so erschöpft ist er.
Ein wahrer Schachtag war das heute.