17. November 2022

Ein Sieg und touristische Reinfälle

Entweder mag Brünn keine Touristen oder das Schachkid hat Pech. Das Schachkid steuert drei Kirchen an, die im Internet zur Besichtigung empfohlen werden.  Alle drei Kirchen sind geschlossen, eine scheint immerhin renoviert zu werden. Das Schachkid passiert einen Park, der im Frühling sicher recht lauschig ist. Im Park und in der Stadt stehen an jeder Ecke Skulpturen. Auch ein offenbar sozialistisches Ehrenmal ist noch zu besichtigen.

Besonders schickt ist die Stadt nicht. Das Schachkid hat schon andere sehr viel hübschere Städte in Städte gesehen und denkt mit Bedauern an Olmütz zurück, dass unweit von Brünn liegt. Brünn als Stadt scheint irgendwie zu schwanken zwischen “wird langsam hübsch” und “verfällt so langsam vor sich hin”. Das Stadtzentrum nebst dem zentralen “Platz der Freiheit” sieht aus wie jede beliebige Hauptstraße einer Stadt mit modernen Bauten und den großen Ketten wie Zara oder McDonalds, also ziemlich austauschbar und eher enttäuschend.

Enttäuscht ist auch der Doktor. Neben dem täglichen Besuchs seines geliebten Kauflands erkundet er die mysteriöse Treppe, die er und das Schachkid letzte Nacht gefunden haben. Die Treppe wurde bei Google Rezensionen arg gehypt und der Doktor fragt sich warum. Am Ende der langen Treppe ist ein nicht besonders auffälliges Wohnviertel. Und das sicher einst prächtige und nun angegammelte Tor zur Treppe macht erst recht kein Sinn mehr. Dieses Stadtviertel wird von Tag zu Tag mysteriöser.

Erst  recht enttäuschend ist das Restaurant, in dem das Schachkid heute speist. Wie so oft bietet auch dieses Restaurant ein Menü an. Das Schachkid sitzt noch nicht, da bekommt es ungefragt eine Suppe hingestellt. Die Kellnerin ist erkennbar desinteressiert und reichlich abgenervt. Am Nebentisch sitzt ein Hund in einer Handtasche. Das Essen ist nun ja, jede Kantine kann es besser. Kein Vergleich mit dem Grand Hotel am Tag zuvor. Es macht eben doch einen Unterschied, ob man für den Restaurantbesuch 8 Euro oder 50 Euro zahlt.  Der Schachwizard, der zur Zeit in einer Weinstube urlaubt, kann es bestätigen.

Blöd ist auch das bestellte Bolt. Der Fahrer hält es zu kompliziert, zum Standort des Schachkids zu fahren und ruft das Schachkid an. Das Schachkid soll irgendwohin laufen. Der liebe Gott hat derweil eingesehen, dass das mit den geschlossenen Kirchen nicht in Ordnung ist. Und lässt in genau diesem Augenblick ein Taxi vor dem Schachkid halten, dass seine Fahrgäste entlässt und einen neuen Fahrgast will. Der Fahrer weiß nicht nur, wie man zum Standort des Schachkids kommt. Er hört auch Musik von Marc Anthony, vom das Schachkid Fan ist. Das Schachkid fragt nach. Der Fahrer versteht kein Englisch, antwortet aber auf Spanisch, dass die Sprache sein Hobby sei. Wie warscheinlich ist  es, in Brünn auf einen spanisch sprechenden Taxifahrer zu treffen, mit dem sich das Schachkid auf Spanisch unterhalten kann? Da hatte der liebe Gott aber ein ganz großes Einsehen. Vermutlich liest er auch diesen Blog.

Der heutige Gegner versucht, kurzen Prozess zu machen. Er ist 1996 geboren, da hat das Schachkid gerade Abitur gemacht. Dem Gegner gelingt es, die h-Linie zu öffnen und möchte am Königsflügel angreifen. Das Schachkid probiert gleiches am Damenflügel, sollte aber langsamer sein. Der Slovake verrechnet sich und sieht 19. … Sxg4 nicht. Das hat  den Nachteil, dass er seine Angriffsfiguren verliert, das Schachkid einen Turm mehr hat und nun so richtig in Schwung kommt. Nach einer Stunde hat das Schachkid schon gewonnen, da ist der Doktor erst beim 10. Zug.

Es dauert auch noch dreieinhalb Stunden, bis er dann mit einem Sieg in der Tasche auftaucht. Da hockt das Schachkid schon eine Stunde in der Hotelbar und lauscht dem heutigen Pianisten. Dieser spielt deutlich besser als die anderen Pianistinnen der Vortage. Das Schachkid drückt der Kellnerin 200 Kronen für den Pianisten in die Hand. Die Kellnerin schaut entgeistert, und steckt das Geld in eine Schublade. Da wird das Schachkid etwas unleidlich, zitiert das Personal zum Tisch her und verlangt sein Geld zurück. Es dauert etwas, bis die Kellnerin versteht, was sie damit machen soll. Das schwere Verstehen ist umso mysteriöser, da die Kellnerin zuvor recht gut Englisch mit dem Schachkid sprach. Das Wort “Pianist” kennt sie offenbar nicht.

Morgen nun droht die Doppelrunde. In Tschechien ist ein Feiertag, der “Struggle for Freedom and Democracy Day” – da heißt es Kraft schöpfen für den langen Tag.

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