30. August 2020

Gastbeitrag: VCH-Open – der Vereinsbrummer berichtet

Der Dr. Dave, das Schachkid und der Vereinsbrummer wollten am vorletzten Augustwochenende zum 34. Geithainer Sommerturnier fahren. Anfang August wird das Turnier dann abgesagt. Die Coronaauflagen, Maske tragen am Brett und nach jeder Runde am Brett Figuren desinfizieren, mag der Ausricher nicht. Das kann das Schachkid verstehen, fragt sich aber schon, ob man das Hygienekonzept nicht vor der Veröffentlichung der Ausschreibung mit dem Gesundheitsamt abstimmen kann. Überraschend kommen solche Maßnahmen jedenfalls nicht, wenn man die Schachpresse liest.

Also recherchiert das Schachkid und findet für August genau zwei Turniere in ganz Deutschland. Das Schachkid fackelt nicht lange und fährt mit dem Vereinsbrummer nach Greifswald. Der Vereinsbrummer berichtet als Gastautor:

In der turnierarmen Zeit habe ich mich aufgrund der Info von Renè Kellner dazu entschieden, vom 14.-16.08.2020 beim VCH-Open ein 5-Runden-Turnier mitzuspielen. Spielort war das Mehrgenerationenhaus „Uns Dörphus“ in Görmin bei Greifswald, wo dann die Übernachtung im VCH-Hotel erfolgte.

Am Freitag, den 14.08. brachte mich meine Frau zu 14.30 Uhr zu Renè, von wo es dann losging. Nachdem wir zäh aus Potsdam rauskamen und die Baustellen auf dem Berliner-Ring hinter uns gebracht haben, ging es auf der Autobahn Schwedt/Greifswald super vorwärts bis 20 km vorm Ziel. Von weitem sahen wir schon viel Blaulicht und konnten gerade noch vorher eine Ausfahrt nutzen. So standen wir wieder im Stau, aber es ging voran. Natürlich informierten wir den Turnierleiter Guido Springer und kamen 6 Minuten vor Spielbeginn an.

Renè und ich gingen nach dem 30er-Starterfeld von einer schnellen ersten Partie aus, da eigentlich in einer Gruppe gespielt werden sollte laut Ausschreibung. Renè war an Nr. 7 und ich an Nr. 4 gesetzt. Der Schiedsrichter entschied sich jedoch, 2 Gruppen zu bilden.

Renè hatte es mit Heiko Quiram aus Waren (Nr. 16) zu tun. Spielte solide genau und gewann einen Bauern. Er griff dann mit Turm und Läufer den gegnerischen Läufer an, wobei er übersah, dass sein Turm dadurch gefesselt wurde. Er gab also seinen Turm für den Läufer und erkämpfte sich noch ein Remis. Schade, aber wenigstens nicht verloren.

Ich hatte es mit dem Sohn Arne Quiram (Nr. 13) zu tun. Wie sich herausstellte ein Jugendspieler, der gerade in Corona-Zeiten voll im Training steckt, Hoffnungsträger von Mecklenburg ist und dessen DWZ dadurch nichts aussagt. Er spielte sehr sicher, machte keinen erkennbaren Fehler und nachdem ich das Remis ablehnte und zwei „komische Züge“ machte, kam es zum Endspiel 3 gegen 5 Bauern mit jeweils einem Springer. Ich versuchte vieles und lange, aber er ließ keine Schummelei mehr zu und gewann nach 63 Zügen. Frustrierend für den ersten Tag. Nach Ende des Turniers stellte sich heraus, dass mein Gegner mit DWZ 1519 auf Rang 3 kam mit einer Turnierleistung von DWZ 1899. – Jugend forscht !

Am ersten Abend war Renè in der Rangliste höher. Aber es gab ja noch 4 Runden. Der Abend verlief nach der Fahrt ins Hotelzimmer, mit Duschen, Koffer auspacken, Skypen und schlafen sehr kurzweilig. Am nächsten Morgen trafen wir uns beim Frühstück, haderten noch etwas über unsere Partien und fuhren dann frischen Mutes zum Turniersaal.

Das Los hatte Renè nun meinen vorherigen Gegner zugeteilt. Renè spielte den Gegner so an die Wand, dass ich mich fragte, wie ich gegen diesen verlieren konnte. Dann, oh weh, war es die falsche Fortsetzung und es ging nach hinten los. Schade. Diese 0 musste nicht sein.

Ich bekam es mit meinem Schachfreund Dieter Ehrich vom PSV Damgarten (Nr.15) zu tun. Ich stellte mich mit Weiß doch irgendwie zu passiv auf, wurschtelte mich wieder ins Spiel. Das Remisangebot nahm ich natürlich nicht an – ab nun sollte es ja losgehen. Dieter hatte noch gute 30 Minuten und ich ca. 3 Minuten, aber Dieter wurde immer nervöser und machte dann tatsächlich den entscheidenden Fehler, wodurch ich erst eine Figur und dann die Qualität gewann. Nun gab er kopfschüttelnd nach 32 Zügen auf. Ich war erleichtert und in der Rangliste ging es wieder aufwärts – und vor Renè.

Die 3. und Nachmittagsrunde wurde ausgelost. Renè erwischte Dieter Ehrich. Es gab eine ausgeglichene Partie. Das Remis lehnte Renè ab, gewann erst einen Bauern und dann einen Springer und beendete das Endspiel, König, Dame, Springer, Bauern gegen König, Dame, Bauern erfolgreich. 1,5 Punkte aus den ersten 3 Partien konnten sich sehen lassen und wie sich herausstellte, zog er wieder an mir vorbei.

Mein Gegner war ein nächster Jungspund mit Jermemy Thomas vom MTV Tostedt (Nr. 3). Er fühlte sich in der Eröffnung wohl, allerdings konnte ich in etwas merkwürdiger Stellung einen Bauern gewinnen. Damenabtausch folgte und ich dachte, dass ich es ruhig nach Hause bringen kann. Jedoch fing er nun an zu spielen und ich schien es eingestellt zu haben. Es kam zum Turmendspiel mit 2 Bauern weniger für mich. Nach fast 4 Stunden und 71 Zügen gab ich genervt auf. Was für eine Bilanz: 1 Punkt aus 3 Partien (mein Ziel 3,5 Punkte war somit hin!).

Es war früh (18 Uhr) am Abend, so dass wir uns nach kurzem Erfrischen und Abhören von Nachrichten auf den Weg in die Innenstadt zum Bier-Brauhaus machten. Wir setzten uns an einem Tisch zu einem 70jährigen Herren, der mit seiner Frau Urlaub gemacht hatte und nun bis Freitag in Etappen mit dem Fahrrad zurück nach Bad Segeberg radeln wollte. Seine Frau war bereits mit dem Auto vorgefahren. Es gab lustige und interessante Unterhaltungen. Nach dem ersten leckeren Bier und einer Kleinigkeit zu Essen bestellten wir das Probierset. 6 Gläser a 0,1 mit je einem anderen selbstgebrauten Bier. Bedauerlicherweise konnte Renè nicht so viel probieren, da er ja noch fahren musste. Aber es war spannend, die vorgegebenen Richtungen heraus zu probieren und lecker. Ein kurzer Spaziergang mit Außenbesichtigung der Kirche beendete im Dunkeln den Abend und wir fuhren ins Hotel. Renè erhoffte sich eine bessere Nacht (sein Zimmer lag leider an einer sehr befahrenen Straße) und ich hoffte, dass mein Ärger über die bisherigen Partien vergeht.

Es kam der Sonntag mit Frühstücken, Kofferpacken, Auschecken und Fahrt zum Turniersaal, wo die 4. Runde uns in Empfang nahm.

Renè spielte gegen Prof. Peter Möller (Nr. 17) und stand plötzlich richtig super und drückend. Der Gegner hatte kaum noch Gegenwehr. Es ging eine Mattkombi, nein noch nicht, aber nach dem nächsten Zug – ja – aber: 2-3 ungenaue komische Züge und es ging schon wieder nach hinten los. Läufer, Turm und Dame bei offener Königsstellung konnten gegen Dame und 2 Türme nichts mehr ausrichten. Ein sicherer Punkt war wieder weg. Sehr schade und es hilft auch nicht viel, wenn man hinterher am PC feststellt, dass der Gegner eigentlich lange hätte aufgeben sollen. So ist Nahschach und es zeigt sich wieder, dass es wichtig ist, auch viel Praxis zu bekommen. Sehr, sehr schade.

Mein Gegner war Heiko Quiram, der Vater meines ersten Gegners und der mit Glück gegen Renè noch ein Remis erzielt hatte. Er stand sicher und gut, tauschte dann plötzlich meinen schlechten Läufer gegen seinen Springer und seinen guten Läufer gegen meinen Springer. Aufgrund der etwas besseren Bauernstruktur wollte er die Figuren abtauschen, übersah aber, dass er einen Bauern verliert. Wie es dann so ist, wenn der erste Fehler kommt. Bei der nächsten Kombination schlug er falsch, so dass ich einzügig mit Matt drohte. Nach 29 Zügen gab er auf.

In der Mittagspause konnten wir uns, nachdem wir am Tag vorher die schöne alte Stadtkirche und den Friedhof besichtigten, in der weiteren Gegend umsehen. Schöne Einfamilienhäuser und toll gestaltete Gärten, aber total ruhig und kaum einer zu sehen – eh doch – der ein oder andere Hund. Seelisch und psychisch gestärkt traten wir zur letzten Runde an.

Renè bekam es mit dem ältesten Teilnehmer Viktor Jasinski aus Wolgast (Nr. 14) zu tun. Da ich mich sehr auf meine Partie konzentrierte, kann ich nicht sagen, ob es Mitleid war oder einfach wieder unvollendet. Auf jeden Fall erfreute sich der Gegner eines Sieges und Renè war voller Ergriffenheit, wie er in dem Alter (1935 geboren) noch so gut spielen kann.

Mein Gegner war Martin Abt aus Gryps (Nr. 12). Wieder ein jugendlicher Emporkömmling der, wie ich in den Pausen mitbekam, seinen Kollegen alle Eröffnungen erklärte. Uff. So spielte er auch. Aus der Eröffnung kam er besser raus, dann wollte ich einen Bauern gewinnen, übersah aber einen Zug und tauschte die Dame, die Türme und einige andere Figuren. Jeder hatte danach 7 Bauern einen weißfeldrigen Läufer und den König. Das Remis lehnte ich ab. Frei nach „Steffens Aussage“: wenn Du ein Remis sicher hast, probiere es erstmal weiter. Außerdem war Sonntag – Mannschaftskampftag. Die Bauern stellte ich auf die schwarzen Felder, sein König stellte sich meinem in Position und die Läufer zogen. So ging es also nicht. Dann sah ich, dass ich, wenn ich einen Bauern gebe, 2 gewinne. Ok, wurde so gemacht. Plötzlich stand mein Läufer völlig beengt und drohte sich opfern zu müssen. Aber auch das konnte geschickt mit Bauernopfer verhindert werden, den ich dann aber wieder bekam.

Nun hatte ich auf der a- und b-Linie zwei verbundene Bauern jeweils einem Bauern gegenüberstehen und auf der d-Linie einen einzelnen. Nun kam eine Kombination mit Zugzwang, wo ich den d-Bauern gab und die a-und b-Bauern dafür erhielt. Nun erkannte ich zu meinem Schreck, dass das Feld a1 schwarz ist. Wenn er also den Läufer für den b-Bauern opfert, ist es Remis. Hinzu kam jetzt die Zeit. Er hatte noch rund 50 Minuten und ich 3 Minuten. Wir waren die letzten die spielten, es schauten viele zu, vor allen Dingen, da sie auf das Ende und die Siegerehrung warteten. Irgendwie bog ich es hin, er verpasste den letzten Remiszug und nach 98 Zügen gab er auf. Geschafft – wenigstens 3 Punkte!

Die Zeit zur Siegerehrung benötigte ich, um runter zu kommen, mich zu erholen und frische Luft zu atmen. Dieses Aufsetzen der Maske, wenn man das Spielbrett verlässt und rumgeht oder sich etwas zu trinken holt ist doch lästig. Außerdem vergisst man manchmal diese am Brett wieder abzusetzen und wundert sich, warum es so stickig wird. Vielleicht auch nur Gewöhnungssache.

Sieger in der A-Gruppe wurde dann Willi Skippe aus Greifswald mit 5 Punkten souverän vor Jermey Thomas aus Tostedt mit 4 Punkten. Der 3.-6. Platz erzielte je 3 Punkte, wobei mein Gegner aus der 1. Runde Arne Quiram den 3. Platz belegte und ich aufgrund der 2.Wertung den 6. Platz einnahm. Bei Renè waren die Spielanlagen besser als die Punkteausbeute, so dass er vor Dieter Ehrich nur auf den 13. Platz kam.

Im Nachhinein haben wir festgestellt, dass es nicht nur ein schönes Turnier, sondern auch mal wieder Zeit war, ein solches zu spielen.

Danke nochmals an Renè für die angenehme Fahrt, den Austausch und vor allen Dingen, für den Hinweis auf dieses Turnier. Die Kiste Sekt, die ich per Los zufällig als Preis erhielt, wurde natürlich geteilt.

Also Prost und vielleicht auf ein baldiges neues Turnier !

Der Vereinsbrummer.

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