22. November 2022

Es mangelt an Kultur

Es mangelt an Kultur in diesem Urlaub. Was auch kein Wunder ist, man pendelt zwischen Hotelzimmer, Hotelbar und Hotelturnierraum. Und draußen ist es  grau in grau. Da ist man froh, wenn man nicht raus muss. Und motiviert ist man sowieso nicht. Der dicke Doktor baut  in seine Runden noch den Kaufland ein. Unter Kultur fällt das aber auch nicht.

Das Schachkid kündigt an, gemeinsam mit dem Doktor den Kaufland erkunden zu wollen. Irgendwelche touristischen Ziele muss man sich ja setzen. Was macht der Doktor? Schleicht sich heimlich aus dem Hotel am Schachkid vorbei , als sich dieses gerade einen Irisch Coffee gönnt. Was nicht einfach war, der Bedienung diesen Wunsch auf Tschechisch zu übermitteln.

Die Bar wurde ergänzt um einen dicken und sehr netten Kellner. Er spricht ein paar Wörter Deutsch und Englisch eher nicht. Im Notfall geht es aber auch so. Das  Schachkid schaut nach dem Mittag zur  Kuchentheke. Der dicke Kellner eilt herbei, fragt „Dessert?“, macht „Mmmhhhhh“ und reibt sich kurz seinen dicken Bauch. Das ist Marketing, damit kriegt er das Schachkid.

Bis auf dem Umstand, dass der Doktor heimlich umher schleicht, geht es ihm heute schon besser. Er habe 10 Stunden geschlafen. Was auch kein Wunder ist, da er vier Betten zur Auswahl hat. Das Schachkid zahlt den gleichen Preis wie der dicke Doktor. Aus unerfindlichen Gründen bekommt dieser aber ein Zimmer mit zweiten angeschlossenen Zimmer, in dem auch zwei Betten stehen. Da es sich um einen dicken Doktor handelt, braucht er vermutlich mehr Platz.

Platz braucht auch der Senior, der heute neben dem Schachkid an Brett sitzt. Er zieht, am Brett angekommen, erstmal seine dicken Winterstiefel aus und hält sie dem Schachkid unter die Nase. Das Schachkid schaut fragend. Der Senior, der ein bisschen wie ein Pfadfinder aussieht, erläutert dem Schachkid, dass er seine anderen Schuhe heute nicht dabei habe und nun in Strümpfen spielen müsse. Tatsächlich schlurfte er in den vergangen Tagen mit plüschigen Latschen durchs Turnier.

Das Schachkid hat heute mal wieder Glück. Der 12-jährige auf der anderen Brettseite ist zwar motiviert und denkt auch lange nach. Die Partie ist dennoch ein Feuerwerk der verpassten Chancen. Mal steht der Knirps besser, mal könnte das Schachkid die Sache klar machen. Nicht nur, dass das Schachkid gleich zu Beginn einen Bauern einstellt. Jetzt heißt es 40 Züge mühevoll verteidigen und dann den Bauern zurück gewinnen. 20. Sf5 hätte einen Turm für zwei Figuren gebracht, vielleicht der bessere Gewinnweg. So ist es ein für beide Seiten verdientes Remis.

Der Pfadfinder-Senior am Nebenbrett verliert. Er macht das einzig sinnvolle. Er kramt eine grüne Flasche nebst Schnapsglas aus seiner Plastetüte heraus und gönnt sich am Brett erstmal ein Likörchen. Leider bekommt das Schachkid nichts angeboten.

Ganz und gar ungewöhnliches geht beim Doktor vor. Das gab es noch nie, er ist eine Stunde eher als das Schachkid fertig. Leider hat er verloren gegen den Teenager aus der Ukraine. Das Mädel sieht mit ihren weitem Pullover aus wie dem Film „La Boom – die Fete“ entsprungen.  Und der Doktor ist beeindruckt von ihrer Rafinesse – starke Züge hat sie offenbar aufs Brett gelegt und die Stellung des Doktors in Trümmern aufgelöst.

Da bleibt nur die Hotelbar… Immerhin, hier wird Kultur gespielt, am Piano. Das Schachkid  überlegt kurz und bleibt noch sitzen, um dem Pianoman zu lauschen, während der Doktor schon aufs Zimmer schwankt. Im Angesichts des Cognacs ist die Entscheidung klar, das Schachkid wird ein klavierspielender Großmeister und wird ein Schachcafe mitsamt Klavierflügel eröffnen. Der Doktor bekommt natürlich umgehend diese Entscheidung mitgeteilt.

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