Dem Schachkid gehen die feierwütigen Tschechen aus Apartment 5 heute so richtig auf den Keks. Um 14.00 Uhr ist man vom Mittag essen zurückgekehrt. Zwei Stunden bis zur nächsten Runde, dem Schachkid verlangt es nach Knödel und Bier nach einem Nickerchen.
Den drei Tschechen aus dem Apartment unter dem Zimmer des Schachkids haben offenbar andere Pläne. Türen werden geschlagen, ein Gebrüll unten. Wenn es das Schachkid nicht besser wüsste, würde das Schachkid nicht glauben, in einer Pension zu sein.
Der Dr. Dave im Zimmer nebenan löst das Problem mit Kopfhörern. Das Schachkid bevorzugt die Konfrontation. Und hämmert an die Tür des Apartments. Drinnen laute Musik, Gegröle und lautes Singen. Außerdem riecht es streng nach Gulasch. Offenbar machen die Tschechen eine Karaoke Party mit Bier trinken und Gulasch kochen.
Es öffnet keiner, härtere Maßnahmen müssen ergriffen werden. Das Schachkid überlegt, die Polizei zu rufen. Die Herbergsmutter tut es auch. Diese fragt, was los sei. Und nieckt verständnisvoll. Offenbar geschieht das nicht das erste Mal. Auch sie klopft rabiat an die Tür. Es wird geöffnet, drinnen drei halbnackte junge Tschechen. Die Herbergsmutter redet energisch auf die jungen Männer ein und verkündet dem Schachkid sodann, das Problem sei jetzt gelöst. Falls nicht, solle das Schachkid anrufen, auch nachts.
Das Schachkid weiß nicht, was die Herbergsmutter gesagt hat, aber sie hat Eindruck geschunden. Jedenfalls wirken die Männer recht verschüchtert.
Am Morgen haben das Schachkid und der Dr. Dave noch an der offenen tschechischen Blitzschachmeisterschaft teilgenommen. Etwas mehr als 50 Mann machen mit. Nach drei Runden ist beeindruckender Weise ein 15jähriger FM auf Platz 3, ein GM auf Platz 2, der Dr. Dave eher so mittig und das Schachkid am Ende vom zweiten Drittel. Es reicht für Preise. Der Dr. Dave heimst mit 6,5 Punkten aus 11 Runden einen Energydrink ein, das Schachkid mit 4,5 Punkten ein Ingwerbrot. In der letzten Runde wird das Schachkid natürlich mit dem Dr. Dave gepaart. Dieser gewinnt ganz knapp, da hat er nochmal Glück gehabt.
Am Nachmittag wird es nicht leichter. Das Schachkid erwartet ein verschüchterter 14jähriger.
Im Endspiel wird ein Bauer gewonnen und ein Freibauer gebildet. Den bringt das Schachkid auch durch und gibt dafür drei Bauern. Der Gegner muss den Turm geben. Nun wird der Mehrturm die gegnerischen Bauern schon aufhalten. Macht er aber nicht. Obwohl das Schachkid eine Stellungsbewertung von +66 hat. 41. Tb2 – und Schwarz kann einpacken. Schon wieder verloren – Pardubice lief noch nie gut für das Schachkid. Entweder sucht sich das Schachkid ein neues Hobby. Oder der Schachwizard wird mit allen verfügbaren Mitteln freiwillig oder unfreiwillig als Trainer rekrutiert. Da hatte das Schachkid seine schachliche Hochphase mit dem Trainer.
Der Dr. Dave hat es auch nicht leichter, ein 12jähriger mit feuerroten Haaren und einer 1800 Elo, der sehr ehrgeizig aussieht. Der Kleine ist dann auch recht zäh und leistet mehr als vier Stunden Widerstand. Der Dr. Dave hat aber einen Springer Vorsprung, der Gegner zwei Bauern dafür. Das Endspiel ist nicht einfach, aber der Dr. Dave bringt es sauber heim.
Das späte Spiel ist ein Problem. Es ist 20.30 Uhr, man hat Hunger. Und um 22.00 Uhr ist Sperrstunde. Das favorisierte Restaurant hat schon um 16.00 Uhr geschlossen. Das zweite Restaurant hat gar nicht erst aufgemacht. Im dritten Restaurant erkennt die Kellnerin, dass der Dr. Dave und das Schachkid erst am Mittag da waren, wirkt dann leicht panisch und erklärt, hier sei gleich geschlossen. 90 Minuten später, als man hier erneut vorbeiläuft, ist die Hütte immer noch voll.
Der Dr. Dave plädiert für McDonalds. Das ist nach Ansicht des Schachkids nun wirklich der allerletzte Ausweg. Das vierte Restaurant ist eine rustikale Sportsbar und hat nur Bier. Im fünften Restaurant erklärt man dem Schachkid, man sei eine Bar und habe im Übrigen geschlossen. Warum die Tür dann offen ist und man reinkommt, erschließ sich dem Schachkid nicht. Das sechste Restaurant erklärt, an sechs Tagen die Woche Essen vorzuhalten, aber am Sonntag nur Bier auszuschenken. Immerhin wird nebenan eine Dönerbude vorgefunden, die eine entscheidende Alternative zu McDonalds werden könnte.
Doch das Schachkid gibt nicht auf. Das siebte Restaurant ist ein Café mit Jazzmusik und bietet immerhin Camembert auf Toast an. Das wird sich für den nächsten Aufenthalt in Pardubice vorgemerkt. Restaurant Nummer acht ein Treffer. Der Dr. Dave wartet gleich draußen und kommt erst gar nicht mit rein. Das Schachkid eilt zur Theke und fragt ausgehungert nach Essen. Der Koch will wohl gerade in den Feierabend. Der Barmann setzt einen mitleidigen Blick auf und weist an, man solle sich setzen. Wo ist jetzt wieder der Dr. Dave? Statt dem Schachkid zu folgen, steht er draußen in der Landschaft herum und guckt in die Luft. Da wird das Schachkid extrem ungehalten, besteht doch die Gefahr, dass es sich der Koch anders überlegt.
Die Speisekarte versteht man zwar wenig bis gar nicht, es wird blind bestellt. Aber es schmeckt und das letzte Spiel am nächsten Tag kann kommen.