Die Stimmung ist gereizt. Der Dr. Dave ist verschlafen und wird vom hungrigen Schachkid zur Eile angetrieben, was diesen offenbar ein wenig reizt. Das Schachkid seinerseits fühlt sich gerade frustiert von den schlechten Nachrichten von der Coronaront und vom Wetter. Es ist grau, dunkel, kalt und es es regnet. Das Schachkid überlegt sehr frustriert, ob es im nächsten halben Jahr noch reisen und Schachopen spielen kann.
Heute wird ein anstrengender Tag, eine Doppelrunde steht auf dem Programm. Der Dr. Dave hatte keine Zeit zur Vorbereitung. Der Trainer lag im Vreinspokal halb betrunken unter dem Tisch. Und überhaupt nerven diese Kinder, die unbedingt gewinnen wollen. Gestern eine 11-jährige, heute ein 9jähriger.
Dieser kommt zu spät, wird aber sogleich vom Papa mit süßen Dopingmittel ausgestattet – einen Berg Schokoriegel. Der Kleine schiebt sich auch gleich einen Kaugummi rein und wirkt auch sonst sehr motiviert. Lange braucht er nicht für die Partie. Dieser geschlossene Sizilianer läuft nicht vorschriftsmäßig. Zumindest sollte Schwarz hier unter Druck stehen und nicht seinerseits angreifen. Das Schachkid kommt nicht ins Spiel, steht ständig unter Druck. Keine Idee, was zu tun ist. Das Schachkid hat offenbar ein mentales Problem. Zum Schluss fängt der Kleine noch die weiße Dame ein. Den Punkt holt er sich zu Recht.
Der Dr. Dave hat es schon wieder mit einem deutlich stärkeren Gegner zu tun. Es scheint auch lange ausgeglichen auszusehen. Aber dann verliert er doch zwei Bauern. Und schlussendlich muss er eine Figur opfern, um das Matt abzuwenden. Das muss er sich nicht zeigen lassen und widmet sich mit dem Schachkid lieber der tschechischen Kultur – Bier und Knödel. Zum Glück gibt es ausreichend Kneipen, die alle ziemlich urig sind.
Zum Schachturnier parallel läuft von 10.00 Uhr – 18.00 Uhr ein Bridgeturnier. Das ist für das Schachkid ein Buch mit 7 Siegeln. Aber von 8 bis 80 spielt alles mit – fast 40 Mann sind dabei. Und es wird offenbar hart gefightet.
Zwischendurch ein Menschenauflauf im Foyer. Der Sohn des ehemaligen tschechischen Staatspräsidenten ist da und blitzt zwei Runden. Er wird dafür eifrig beklatscht. Offenbar hat er seinen eigenen Schachclub in Prag gekauft, wie der Schiri dem Schachkid erklärt. Und er hat eine eigene Partei gegründet und scheint politisch wohl sehr aktiv und bekannt. Nun, für Auswärtige ist das wohl nur schwer zu verstehen. Aber Olaf Scholz an der Schachuhr, um einen Vergleich zu ziehen, hätte sicher Charme.
Zur Nachmittagsrunde natürlich wieder ein Kind – immerhin diesmal schon 11 Jahre alt. Den hat das Schachkid im Griff, denkt das Schachkid. Der kleine scheint müde zu sein, gähnt ständig und macht auch mal kurz die Augen zu. Und braucht lange zum Denken, weil er mehr in der Luft aus aufs Brett schaut.
Trotzdem steht das Schachkid schon wieder so gedrückt da. Der Kleine opfert mit 4. f3 gleich einen Bauern. Die Variante kennt das Schachkid nicht. Aber Opfer soll man ja annehmen. Der Kleine entwickelt sich dann auch schnell und droht Ungemach gegen f7. Dann opfert er sogar noch einen Springer auf f7. Das nimmt das Schachkid nicht an, weil es die Lage sowieso nicht mehr überblickt und von Zug zu Zug rechnet. Der Kleine steht laut Engine auch mit +5 besser, verschlechtert die Stellung aber wieder zum Ausgleich.
Das Schachkid tauscht nun alles ab und will den Mehrbauern im Endspiel zur Damenumwandlung führen. Der Kleine bietet Remis. Das lehnt das Schachkid natürlich ab, schließlich kann man mit der Dame noch diesen Bauern auf a7 nehmen. Zwei Bauern mehr! Dummerweise steht nun die Dame etwas abseits vom König. Da fackelt der Kleine nicht lange und setzt dreizügig matt.
Der Dr. Dave fackelt auch nicht lange. Ihm hat es nach eigener Aussage überkommen. Er spielt für eine Verhältnisse recht zügig und opfert für Matt einen Turm. Dummerweise hat der Gegner noch Ke8, was der Dr. Dave übersehen hat. Das fichtet den Dr. Dave nicht an. Er spielt konsequent und opfert noch einen Turm hinterher. Der Gegner steht in der Tat merkwürdig. Turm, Dame und Läufer sind nur Statisten. Nur der König kann bewegt werden. Der Dr. Dave zaubert noch ein Dauerschach – verrückte Partie.
Kurzer Zank über die Wahl des Restaurants. Man ist in Stimmung und möchte sich wahlweise auf den Mond schießen oder sonstige unanständige Dinge anstellen. Heute mal eher leichte Kost, der ständige Konsum vom Bier und Knödeln fordert seinen Tribut.
Am nächsten Tag wird das Schachkid dann gegen einen immerhin 14-jährigen spielen. Vielleicht läuft das ja besser.