Vorletzter Turniertag, das Schachkid hätte heute gerne nochmal einen Punkt. Die Runde startet erst am Nachmittag. So bleibt Zeit, dem Alberto, den Spanischlehrer des Schachkids zu erklären, was das Faszinierende am Schachspielen ist. Auf Spanisch wohlgemerkt. Alberto nickt immer fleißig, wirkt aber etwas ratlos.
Ratlos ist auch das Schachkid. Das dringend neue Gaderobe benötigt, da sich die Köperproportionen etwas verändert haben. Aus seinen früheren Aufenthalten in Pardubice ist dem Schachkid ein Einkaufszentrum bekannt, wo das Schachkid hofft, Schnäppchen zu schlagen. Die Strecke, immerhin 1 km, wird mit dem Auto bewältigt. Das Schachkid möchte ja nicht die ganzen Tüten ins Hotel zurück schleppen. 30 Minuten später ist das Schachkid doch arg ernüchternd. Das passiert in letzter Zeit immer öfter, das Schachkid ist von Shoppingcentern genervt. Es ist voll, wenig Auswahl und es macht Stress. Das Schachkid fährt genervt ins Hotel zurück und bestellt Boxershorts bei Amazon.
Ob dieses Einkaufsstresses sind das Bier und die Knödel auf dem Marktplatz reichlich verdient. Das wird das Schachkid vermissen, jeden Mittag in der Sonne sitzen und zwei Stunden Zeitung lesen.
Am Hotel angekommen zeigt sich wieder einmal, dass die Welt klein ist. Am Hotel steht ein Auto mit bekannten Kennzeichen. Das Schachkid fragt nach. Ein Woltersdorfer ist es, der das Schachkid informiert, dass sich der Woltersdorfer Schachverein 2016 aufgelöst habe. Das ist dem Schachkid neu. Das nun seinerseits den Woltersdorfer informiert, dass sich die Fürstenwalder Schachvereine allesamt aufgelöst haben. Was nun seinerseits der Woltersdorfer erstaunt zur Kenntnis nimmt. So geht Nachrichtenaustausch in Zeiten des Internets!
Im Spielsaal angekommen erwartet das Schachkid ein ukrainisches Mädchen. Es kommt aber ein 13-jähriger Jugendlicher. Offenbar ist Mykola doch kein weiblicher Vorname. Dem Schachkid schwant, dass diese Partie keine Leichte wird. Immerhin war das Schachkid Zeuge, wie der Gegner aus der Ukraine mehrfach Gegner am Nachbartisch taktisch zerfetzt hat.
Aber erstmal schaut der Ukrainer das Schachkid hilflos an. Er kann weder deutsch noch englisch, hat aber gerade seinen Stift demoliert. Das Schachkid hilft aus.
Das Schachkid wähnt sich noch in ruhigen Fahrwasser, da haut der Ukrainer gleich mit 8. Sxd5 einen Bauern raus. So hatte sich das Schachkid nicht vorgestellt, mit einem Minusbauern in der Defensive zu sein. Der Gegner spielt auf Abtausch. Das Schachkid guckt und meint, in der Entwicklung nach dem Abtausch ein Tempo mehr zu haben und irgendwie den Bauern am Damenflügel zurück gewinnen zu können.
So kommt es auch. Es tauscht sich ab und der Bauer wird zurück gewonnen. Der Ukrainer wird nervös und zerschraubt den vom Schachkid geborgten Stift in seine Einzelteile. Das Schachkid schaut den Ukrainer kritisch von der Seite an. Schnell schraubt er den Stift mit schuldbewussten Blick wieder zusammen.
Nun folgt ein Endspiel mit Bauern und Springern, wo das Schachkid ja nun gar keine Ahnung hat, was zu tun ist. Das Schachkid kann sich nur erinnern, das der eigene Springer akiv sein muss und dem gegnerischen Springer Felder zu nehmen sind. Kurzer Schreck nach 28.Sf3. Hat jetzt der eigene Springer kein Feld mehr? Das Schachkid plant, einen entfernten Freibauern am Damenflügel zu bilden. Da müsste sich der Gegner dann drum kümmen. Während dessen kann das Schachkid die anderen weißen Bauern abgrasen.
So einfach ist es aber nicht. Die Partie wird weggeworfen mit 46. .. Sg4. Erfreulicherweise sieht der Ukrainer 49. Sf4 nicht, da er Respekt vor dem Freibauern des Schachkids hat. Also wird die Stellung wieder ausgeglichen. Ein gerechtes Remis.
Der dicke Doktor hat derweil beim Bamberger Open gegen einen Zahnspangenträger verloren und hofft nun auf bessere Zeiten. Das Schachkid hofft auf noch einen Punkt am nächsten Tag. Wo der erste richtig starke Gegner mit immerhin einer 1600 wartet.