30. Oktober 2020

2. Heidelberger Schachherbst – Warten, warten, warten…

Erster Tag beim 2. Heidelberger Schachherbst, da heißt es erstmal warten. Zwischen 8.00 Uhr und 9.00 Uhr ist die Registrierung. Um 10.00 Uhr soll es mit der ersten Runde los gehen. Das Schachkid und der Dr. Dave sind vorsichtshalber erst um 9.10 Uhr da. Erfahrungsgemäß mache das nix, meint der Dr. Dave noch vorher. Und tatsächlich ist noch eine Schlange an der Registrierung anzutreffen.

Dann heißt es warten in der Kälte. Die Leute dürfen nicht in die Halle.  Draußen trifft man auf Pablo Lopez, einen ehemaligen Vereinskameraden. Auf Spanisch, Englisch und Deutsch diskutiert man die Sinnlosigkeit einer Registration und anschließenden Warten. Pablo berichtet aus dem Ausland. Dort werden einfach alle Leute gepaart, die ihr Startgeld bezahlt haben, egal ob sie da sind oder nicht. Klingt vernünftig, dass sollte man auch für deutsche Turniere übernehmen.

Um 10.30 Uhr steht man immer noch in der Kälte. Es tut sich nix, die Runde sollte seit 30 Minuten laufen. Langsam trotten die Massen in die Halle. Im Spielsaal wird Aufstellung genommen, mit Abstand. Es darf sich nicht hingesetzt werden, da dann eine Kontamination des Schachbettes droht.

Der Veranstalter berichtet von 80 Mann, die angemeldet seien, aber nicht erschienen sind und sich auch nicht abgemeldet haben. Daher der Aufwand. Man werde nun alle Namen vorlesen, die da sind. Wer nicht genannt ist, solle sich melden. „Möwisch“ wird zu „Möwitzsch“ und „Kellner“ zu „Keller“. Das passiert dem Schachkid öfters, dass den Leuten das n im Namen des Schachkids abhandenkommt. Man ist beruhigt und steht auf der Anmeldeliste.

Weitere 15 Minuten später werden die Paarungen vorgelesen. Aushänge sind aufgrund der Tatsache, dass sofort alle Schachspieler zum Aushang ohne Abstand hinrennen, verboten. Man solle im Internet nach den Paarungen schauen. Leider liegt das Spiellokal in einer Wohngegend, wo es praktisch kein Handyempfang gibt. Das könnte ein Problem werden.

Das Schachkid begibt sich Brett 8. Dort sitzt schon einer, ein gewisser Herr Keller. Wer kann denn sowas ahnen. Da hat der Veranstalter nicht das n vergessen, sondern das komplette Schachkid. Trotz Zahlung von Startgeld und Registration mitten in der Nacht. Pablo fühlt sich bestätigt. Der Veranstalter ist bestürzt und hat kurz Panik. Es wird nicht neu ausgelost, das Schachkid sitzt 4 Stunden im benachbarten Café.

Dort taucht der Veranstalter auch bald auf. Das Schachkid fragt nach. Ja, man werde das Schachkid in der nächsten Runde auslosen. Ob das Schachkid nun einen Punkt habe, möchte das Schachkid wissen. Der Veranstalter ist irritiert, verspricht aber, die technischen Möglichkeiten eines Freiloses zu prüfen.

Der Dr. Dave hat es gleich in der ersten Runde auf die Bühne an Brett 6 geschafft. Er spielt gegen einen IM. Und kämpft wacker – nach vier Stunden macht er mit einem Mehrbauern Remis. Da hat das Schachkid schon Mittag inclusive Nachtisch verspeist.

Er berichtet von seinen Problemen mit den Zeitmanagement und der Toilette. Das ist ein kompliziertes Thema. Es spielen fast 150 Mann mit. Aber es dürfen immer nur zwei Mann gleichzeitig in der Toilette sein. Jeder Spieler bekommt einen nummerierten Magneten in die Hand gedrückt. Dieser ist vor Betreten der Toilette an der Wand zu befestigen. Hängen zwei Magnete, wird man auf der Toilette nicht eingelassen.

Schlangen vor dem Männerklo, das sieht das Schachkid selten. Leere vor dem Frauenklo.  Männer, bei denen es pressiert, stürmen beherzt das Frauenklo. Da kann keine Rücksicht genommen werden.

Stress auch im Café. Die Bedienung wirkt wie unter Drogen und ist extrem langsam. Das Schachkid bekommt einen Kaffee. Das weitere schmutzige Geschirr auf dem Tisch ignoriert sie und geht wortlos davon. Zahlen geht nur an der Theke. In der Küche wird das türkische Mütterchen mit Kopftuch ausgeschimpft, weil nun wirklich die falsche Zeit zum Putzen sei. Schnitzel seien das Gebot der Stunde. Zur Ermittlung der Herausgabe des Wechselgeldes zückt die Bedienung einen Taschenrechner.

Etwas später stellt sich heraus, dass das Cafe in einem Projekt arbeitet und Arbeitnehmer einstellt, die ein Handycap haben oder aufgrund anderer Probleme nur schwer Zugang zum Arbeitsmarkt finden. Das Schachkid unterhält sich eine Weile mit dem Wirt darüber. Eine bewundernswerte Sache und ein absolut notwendiges Projekt. Wenn man dieses Hintergrundwissen nicht hat, das Cafe informiert darüber nicht offensiv, ist die erste Erfahrung im Cafe allerdings etwas merkwürdig.

Der Dr. Dave bewundert die schöne Aussicht aus dem Spiellokal auf die bunten Bäume –  und wünscht sich einem Platz in der hinteren Ecke des Spielsaales, um die Aussicht zu genießen. Das Universum hört manchmal zu und erfüllt sofort Wünsche. Der Dr. Dave wird incl. einen FM als Gegner in der hintersten Ecke platziert und kann aus dem Fenster schauen. Das Universum hat aber auch Humor. Um 16.30 Uhr zu Rundenbeginn wird es draußen stockdunkel.

Das Schachkid bekommt einen 16-jährigen. Dieser jammert ganz betrübt, dass er im Vorjahr noch das A-Turnier gespielt habe. Prima denkt das Schachkid. Ein motivierter Jugendliche ist nun wirklich das Letzte, was das Schachkid habe will. Caro-Kann, das Schachkid hat schon wieder alle Theorie vergessen. Das Schachkid glaubt jedoch, einen guten Angriff zu haben. Der Computer glaubt das später in der Analyse nicht. Der Angriff ist dann auch schnell vorbei, als das Schachkid erst ein Zwischenschach des Gegners und dann den Verlust eines Springers übersieht.

Die Stellung beim Dr. Dave gegen den schönen FM ist komplex. Dieser wandelt komplett in roter Kleidung durch den Spielsaal und macht sich mit Hilfe des Spiegelbildes im Fenster die Haare hübsch. Nicht so hübsch ist, dass das Schachkid schon wieder drei Stunden warten muss. Alle mitgebrachten Zeitungen sind schon ausgelesen. Das Schachkid braucht aufgrund des schlimmen Handynetzes eine halbe Stunde, um ein Buch auf den Kindle zu laden. Der Dr. Dave knetet derweil das Endspiel, und es wird wieder nur remis.

Halb zehn, alles hat zu. Es wird ein Rewe auf der Heimfahrt gesucht. Warum man nicht den Nahkauf direkt neben dem Spiellokal nutzt, fragt man sich erst 5 km später. Immerhin, das Schachkid hat einen Freipunkt. Und der Dr. Dave hat zwei Titelträgern standgehalten. Es könnte schlimmer sei

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