Seit vier Tagen tönt es durch das Ferienhaus, man habe keine Lust auf das Schachturnier. Der Doktor ließ gar sämtliche IT-technik zu Hause, er bereite sich nicht mehr vor. Freitag dann der Turniertag. Plötzlich ward keiner mehr gesehen. Der Doktor sitzt am Steg und sucht im Wasser Eröffnungsinspirationen, während der Schachwizard im Haus Strecke macht und beim Queeren des Wohnzimmers im Geiste Eröffnungsvarianten rezitiert. Bedauerlich, als man vor Ort feststellt, dass man doch eine andere Farbe hat. Das Schachkid bleibt dagegen bei seiner bewährten Turniervorbereitung – in ein Cafe setzen und Kuchen essen.
Zweite Erkenntnis des Tages – es gibt in dänischen Supermärkten einfach keine leckeren Likörchen. Der traditionelle Kräuterschnaps findet allenfalls als Putzmittel Verwendung oder Helfer in der Not, wenn nun gar nix anderes da ist. Glücklicherweise sind noch zwei Paletten Bier vorhanden. Wobei sich das Schachkid fragt, ob diese dann bei der Reise nach Deutschland als Export gelten und möglicherweise beschlagnahmt werden können.
Es ist jedenfalls empörend. Das Schachkid hat vor zwei Tagen noch beim Skat geführt. Seit 48 Stunden jedoch ist der Doktor nüchtern und on fire und gewinnt eine Runde nach der anderen. Noch sind die Messen nicht gesungen. Stunden später Chaos im Ferienhaus – der Papa (=Schachkid) geht einmal einen Kaffee trinken und findet bei seiner Rückkehr zwei schimpfende Gesellen vor, die versuchten, im gesetzten Alter und mit Übergewicht Fussball zu spielen. Von weggeworfenen Schuhen und in die Hecke geschubst werden sowie dramatischen Verletzungen, die zum Inalidentum führen, ist die Rede. Soweit das das Schachkid aber überschauen kann, hat der Schachwizard beim Fussball klar gewonnen. Er ist eben ein Multitalent.
Ziemlich fresh ist das Spiellokal. Ein großes Gebäude, dass der Weiterbildung dient. In einem Kinosaal werden die ersten beiden Gruppen übertragen. Pro Raum spielen ein bis zwei Gruppen. Man hat ausreichend Platz. Es gibt ein Cafe, in dem beachtliche Sandwiches angeboten werden. Das Schachkid besorgt sich um 21.00 Uhr ein selbiges, nicht das diese später alle sind. Das Schachkid bezahlt mit einem Schein und bekommt ein Geldstück zurück, dass ein Loch in der Mitte hat. Das Schachkid hat keine Ahnung, wieso die Dänen Geldmünzen mit Löchern in der Mitte verwenden.
Wie alle Turniere im Ausland ist auch dieses gut organisiert. Man kommt an und fängt an zu Spielen. Es ist nicht wie in Deutschland notwendig, sich nochmal irgendwo anzumelden. Bei den Aushängen kann man seine Gruppe nachlesen. Der Doktor und der Schachwizard haben es in eine Meistergruppe geschafft, während das Schachkid in einer Basisgruppe spielt. Kurze Ansprachen auf Dänisch – die Wikingersprache klingt ziemlich hart. Man versteht nix. Dann gehts los.
Das Schachkid spielt gegen einen netten Dänen, der die Eröffnung recht rasant spielt. Nach 10 Zügen hat er kaum drei Minuten verbraucht. Kaum zu glauben, dass er nach der Partie auf Deutsch meint, er spiele die Eröffnung zum ersten Mal. Überhaupt können viele Dänen wirklich gut deutsch sprechen, es ist erstaunlich.
Nachdem mit 17. Lxd8 der lästige schwarzfeldrige Läufer von Weiss entfernt ist, spielt es sich mit Gegenspiel auf der b-Linie ganz gut. 22. Se1 ist ein Fehlzug, wonach Schwarz mächtig Druck aufbaut und den weißen König unter Druck setzt. Das Schachkid findet aber keine Gewinnvariante und bietet Remis an, was der Gegner auch sofort annimmt. 31. … Txe3 hat das Schachkid zugegebenermaßen übersehen.
Der Schachwizard ist als erstes fertig und beklagt sich über eine langweilige Partie gegen eine WFM, immerhin ein Remis hat er sich geholt. Auch der Doktor hat ein Remis, klagt aber ebenfalls. Leichtfüßig wie der Schachwizard griff er seinen Gegner an. Aber die beiden trennen eben doch (noch) 200 Elo. Was beim Schachwizard so leicht aussieht, versucht der Doktor mit der Brechstange und übersieht den filigranen Bauernzug, der die gegnerische Stellung aufgesprengt hätte. Vermutlich liegt es daran, dass der Doktor kurzzeitig im Dunkeln sass, nachdem eine dralle Dänin gezielt mit ihrem Hinterteil den Lichtschlter betätigte und für kurze Sichtlosigkeit sorgte. Aber mit drei Remisen fährt man zufrieden zum Ferienhaus zurück und hofft auf weitere Punkte.