Das Schachkid hat lange überlegt, ob es nach Pardubice fahren soll. Das Schachkid hat gute Erinnerungen, hat es hier doch seine Freude am Schach wiederentdeckt. Der Schachwizard sei an dieser Stelle gegrüßt. Andererseits hat der Aufenthalt in Pardubice turbulente Entwicklungen ausgelöst, die bis heute anhalten. Entscheidungen, die ins Ungewisse führen. Manchmal braucht es einen Katalysator, um die Dinge in Gang zu setzen.
Der Leser fragt sich jetzt, was solll das Geschwafel? Manchmal ist Schreiben auch Selbstreflektion. Und der tiefere Sinn erschließt sich nur Ausgewählten.
Genug der Philospohie – das Schachkid hat beschlossen, von der C-Gruppe zur leichteren D-Gruppe zu wechseln. Das wird wieder DWZ kosten, wenn sich das Schachkid wieder die üblichen Aussetzer erlaubt. Aber was solls, das Schachkid hat Urlaub und freut sich auf entspannnte Partien.Und hofft insgeheim, die D-Gruppe zu gewinnen.
Die Wochen zuvor waren stressig. Das Schachtraining hat kein Training gemacht, da wird der Trainer schimpfen. Dieser spielt mit seinen Kumpel Niclas das Sankt-Pauli-Open und ist nun doch nicht anwesend. Schade, man wird sich schon nochmal persönlich über den Weg laufen.
Das Schachkid fragt sich, ob es so lustig wie im letzten Jahr sein wird. Lucky ist nicht dabei, der Zimmergenosse vom letzten Jahr schläft anderweitig. Es bleiben drei Frauen und vier Teenager in der Reisegruppe. Na das kann was werden. Obwohl das Schachkid nun der Mann, quasi der Leitbulle, der Gruppe ist.
Trotz Planung, die Anreise ist gewohnt chaotisch. Das Schachkid packt früh um sechs Uhr seine Koffer und ruft ein Taxi. Bei drei Fürsternwalder Taxen geht keiner ran. Unverständlich für das Schachkid, will man keine Kunde ? Das vierte Taxi ruft zurück, die Fahrt zum Bahnhof ist gesichert, der puls des Schachkid auf 180. Der Regio ist pünktlich da, beschließt aber, unterwegs mal anzuhalten. Praktisch, dass das Schachkid in Berlin nur 9 Minuten Umsteigezeit hat. Das Schachkid hetzt zum Bahnsteig 1, der Zug nach Pardubbice fährt gerade los. Drinnen hockt die 5-köpfige Reisegruppe, mit der das Schachkid fahren wollte.
Das Schachkid beschwert sich bei der Bahn, bekomt den halben Fahrpreis wieder, hat nun zwei Stunden Zeit und nutzt selbige, um Wetten auf die heute startende 2. Bundesliga zu platzieren, Wieso ist eigentlich der Handyakku schon wieder leer?
Nach Dresden sollte man sich in den Speisewagen begeben, oder besser gesagt durchkämpfen und über schlafende Laiber hinweg steigen und schwere Koffer zur Seite schieben. Im Speisewagen sind die Fenster größer. Man hat einen wunderbaren Panoaramablick durch die Fluss- und Felsenlandschaft um Bad Schandau, die sich Dresden anschließt.
Oh, wie schön, der Speisewagen ist leer. Aber das Schachkid hat erstmal dringendere Probleme zu lösen. Kaum von der Problemlösung zurück, ist es voll. Das Schachkid nimmt bei zwei Damen Platz, offensichtlich Mutter und Tochter, die das Schachkid nur missmutig am Tisch tolerieren und am liebsten per Todesblick verdampfen wollen.
Die Mutter- und Tochter-Beziehungscheint nicht sehr tiefschürfend zu sein. Ab und an schweigt man sich an. Der Enkel will zu Winnetou. Im Leben der Tochter scheint ein Absonderling, ein gewisser Alex, ohne IT-Kenntnisse und wenig Freunden, eine besondere Rolle zu spielen. Die Ökotante hat sich völlig überraschend als Chirurgin entpuppt. Ah, unter diesen Umständen könne man den Ökotussi glatt tolerieren. Das Schachkid denkt sich seinen Teil von der Oberflächlichkeit der sächselnden Sächsinnen und schaut zum Nebentisch, wo das Schachkid den Schauspieler XXX zu erkennen glaubt.Die Tochter gibt derweil der Mutter den heßen Tipp, dem Vater unbedingt Servus TV am Fernseher einzustellen. Der habe eine Kooperation mit der Zeitschrift Landlust und sende so schöne Bergaufnahmen.
Das Leben ist manchmal so banal, dass es weh tut.
Das Schachkid sitzt am Tisch und widmet sich seinem Entenfleisch. Die Tür öffnet sich. Zwei schwer gepanzerte Polizisten treten ein. Sie werfen finstere Blicke um sich, als suchten sie jemanden. Verbrechen an der Grenze? Ein Kameramann wackelt hinterher, mit einem Logo des mdr. Auch der öffentliche Rundfunk neigt offensichtlich zu reißerischen Reportagen.
Der Kellner glaubt, er sei witzig und erzählt dem Schachkid in vier Sprachen, was er zahlen soll. Das Schachkid gibt vor, nix zu verstehen. Der Kellner legt mit zwei weiteren Sprachen nach. Ok, der Kellner ist witzig.
Der Zug ist voll. Auf der deutschen Seite kommt kein Schaffner, um sich durch die Massen zu kämpfen und Tickets zu kontrollieren Kaum ist man auf der tschechischen Seite, kommt die Schaffnerin. Da kennen die Tschechen nix, unbeirrt schieben sie die Massen zur Seite. Routiniert wickelt die Schafferrin die Ticketkontrolle ab und knöpft den Engländern, die dem Schachkid gegenüber sitzen, gleich noch 30 Euros ab, Optisch sind die tschechischen Zugbegleiterinnen eine Augenweide, da hat die Deutsche Bahn noch Nachholbedarf.
In Pardubice angekommen fragt sich das Schachkid, wieso es sich wieder im Hotel Labe einquartiert hat. Zu sozialistischen Zeiten war dies das erste Haus am Platz. Seitdem scheint aber nicht mehr passiert zu sein. Ikea baut bessere Möbel. Klimaanlagen sind ein Fremdwort. Im Zimmer sind es 40 Grad. Es gibt nur Raucherzimmer. Anlässlich des Schachopens verdoppelt das Hotel die Zimmerpreise. 50 €\Nacht für das Niveu einer Jugendherberge. Die Tschechen haben den Kapitallismus schnell erlernt.