14. Juli 2020

39. Internationales St. Veit-Open – Heute wird gepunktet

Heute müssen zwei Punkte her. Es ist Sonntag und der einzige Tag mit einer Doppelrunde. Das Schachkid sitzt um halb neun schon hochmotiviert beim Frühstück. Der Dr. Dave ist nirgend zu sehen. Der künftige FM kommt völlig verkatert angeschlurft, obwohl er gar nix getrunken hat. Er ist wohl kein Morgenmensch.

In der Halle angekommen hält der Schiri wieder eine Rede. Das Schachkid versteht wieder nix. Die Maske ist obligarotisch. Man gewöhnt sich relativ schnell daran, da die Papiermasken relativ leicht und dünn sind. Es ist erfreulicherweise nich heiß, sodass man gut atmen kann. Am Ende des Tages fühlt sich die Maske ein bisschen wie das Tragen einer Brille an, man nimmt sie kaum noch wahr.

Dennoch gibt es genug Leute, die den Sinn eines Mund-Nasenschutzes nicht verstehen. Besonders das Nebenbrett macht sich beim Schachkid beliebt. Die Dame Ende 50, Typ Prinzessin mit Glitzersandaletten, trägt konsequent Nasenfrei. Wird aber alle paar Minuten von Hustenanfällen geschüttelt. Das Schachkid möchte einschreiten und sich aufplustern, wie der Dr. Dave sagen würde. Das Schachkid entscheidet sich dann aber doch, im Urlaub etwas relaxter zu bleiben. Der Dr. Dave lobt das Schachkid abends für dessen Impulskontrolle. War ja auch viel Arbeit!

Der jugendliche Gegner von gestern hatte es mit der Maske besser im Griff. Ein Griff und schon hatte er sich unter die Maske eine Waffel reingeschoben, die er dann zufrieden unter seiner Maske mampfte.

Heute ein Senior. Er erzählt, dass er schon wieder drei Open gespielt habe. Das er mit 70 Jahren zur Risikogruppe gehört, ficht ihn nicht an. Das erste Open in Deutschland sei in Hildesheim gewesen. Der Vereinsvorsitzende des ausrichten Vereines, Chefarzt des lokalen Krankenhauses, habe das Hygienekonzept geschrieben. Gespielt wurde kurzerhand im Krankenhaus. Da habe das Gesundheitsamt nichts mehr dagegen sagen können.

Der Gegner ist eine Plaudertasche. Das Schachkid möchte gerne dem Schiri zuhören. Immerhin wird eine Preisverlosung angekündigt. Das ficht dem Gegner nicht an, der unbeirrt weiter auf das Schachkid einredet. Da wird das Schachkid etwas gereizt.

Schon wieder Caro-Kann, aber da kennt sich das Schachkid ja aus. Auch wenn es der Gegner etwas komisch spielt. Das Schachkid hat die bessere Stellung. Spielt aber nicht so taktisch, sondern eher so mechanisch. Keine Lust auf lange Variantenberechnungen. Das Schachkid spekuliert auf den rückständigen Bauern d6. Vereinfachen, Figuren abtauschen, am Damenflügel einen Freibauern bilden, den gegnerischen König dort binden, den Bauern auf d6 erbeuten und mit dem Mehrbauern am Königsflügel gewinnen. Einfacher Plan, schwierig umzusetzen. Die Stellung ist lange ausgeglichen. Aber wie sagte der zukünftige FM – in der Holzklasse muss man nur auf den Fehler warten. Der kommt dann auch mit 64. … e4. Im Abgang ist der Gegner dann nicht mehr so gesprächig, sondern sagt dann gar nix mehr.

Das Schachkid begibt sich auf die Essensuche. St. Veit ist ein sehr hübsches kleines Städtchen mit einem Marktplatz, einen Rathaus und einen Cafe nebst Brunnen. Das Cafe hat auch alle Kaffee-Spezialitäten, die es so braucht in Österreich. Das Schachkid versucht einen Cafe mit Obstler. Der Dr. Dave hat beeindruckend gegen eine 2198 gewonnen. Er wird neuerdings vom großen N.W. traininert, das macht sich wohl langsam bezahlt. Der künftige FM braucht am längsten, gewinnt dann aber auch. Da kann man es sich in der Sonne schmecken lassen. Der künftige FM atmet seinen Kaiserschmarrn quasi weg, steht sodann hochmotiviert auf und will wieder losstapfen. Der Dr. Dave, der ja studiert hat, weist darauf hin, das man auch zahlen müsse. Also setzt sich der künftige FM wieder hin und harrt der Dinge, die da kommen. Der künftige FM ist ein bisschen klischeehaft, wie man sich so einen künftigen FM vorstellt. Gut im Schach, aber im Alltag auf liebenswerte Art und Weise etwas zerstreut.

Zurück in der Halle wird das Schachkid vom Gegner begrüßt, als kenne man sich schon ewig. Es ist der Vater vom jugendlichen Gegner von gestern. Jetzt hat jeder einen Titelträger. Der Dr. Dave einen FM und der künftige FM  einen GM, das Schachkid einen passablen AFM. Das Schachkid muss sich diesbezüglich erstmal schlau machen. Einen AFM gibt es bereits ab 1400 Elo. Das Schachkid muss zugeben, da juckt es ihm etwas in den Fingern, sich auch diesen Titel zu holen. Der Gegner hat noch ein mmag oder so ähnlich vor dem Namen stehen. Das Schachkid fragt interessiert nach. Der Gegner erläutert, die Ösis seien halt alle titelgeil. Er sei Diplomtheologe, Vorsitzender eines kleinen Schachvereins, Schulschachreferent in Wien, Obmann fpr irgendwas – das Schachkid kommt nicht mehr mit. Aber an der Titelgeilheit ist offenbar was dran.

Der Gegner eröffnet recht exotisch. Das Schachkid hat keinen Plan und eröffnet nach gesunden Menschenverstand. Beide Seiten bauen sich ein. Diesen Stellungstyp mag das Schachkid ja nun überhaupt nicht. Das Schachkid beschließt daher, auf Krawall zu spielen und opfert mal auf g3. Ob das funktioniert, weiß das Schachkid nun wirklich nicht. Für lange Berechnungen ist jetzt nicht die Zeit, da wird intuitiv gespielt. Der Gegner tauscht erstmal, was zu tauschen geht und überlegt dann eine halbe Stunde. Das Schachkid nutzt die Zeit gewinnbringend zum Verspeisen einer Salamisemmel. Der Gegner ist zu neuen Erkenntnissen gelangt. Er kann den Läufer des Schachkids einfach nehmen, macht aber lieber den einzigen Zug, der sofort verliert. Wunderbar – das Schachkid schafft es noch in die Hotelbar und probiert sich durch die vorhandenen Rotweine.

Der Dr. Dave hat heute kein Glück und verliert gegen den FM. In der Hotelbar angekommen hat diese auch noch zu. Kein Bier für den dicken Dr. Dave, das Schachkid prostet mit dem Wein. Der künftige FM wird an diesem Tag nicht mehr gesehen. Er schafft gegen Mitternacht ein Remis gegen den GM und hat, auf den 6. Platz liegend, wirklich eine gute Bilanz vorzuweisen.

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