28. Dezember 2016

26. Erfurter Schachfestival – Gänsekeule zum Synthesizer

Das Schachkid wird wach und wühlt sich gestresst und noch nicht im Turniermodus angekommen. Manchmal dauert das irgendwie ein paar Runden.

Heuer betätigt sich das Schachkid wissenschaftlich und nimmt an einer Studie des mitspielenden Theo Gungl teil. Dieser erforscht gemeinsam mit der TU Dresden, wie Schachspieler unter Stress stehen. Dazu gilt es, den Stresshormonspiegel zu messen. Also wird vor und nach jeder Partie eine Speichelprobe genommen und ein kleiner Fragebogen ausgefüllt. Da ist das Schachkid auf das Ergebnis gespannt.

Heute mal eine Schachspielerin. Das Schachkid glaubt an einen Gewinn, ist innerlich aber noch nicht so recht angekommen. So wird auch gespielt.

10. … Sxe4, wo kam der jetzt her? Das Schachkid schaut überrascht seinem Bauern hinterher. Die Gegnerin verzieht keine Miene. Wie nun weiter? Schwarz hat einen Mehrbauern, aber eine rückständige Entwicklung. Vielleicht sollte man nun auf Angriff spielen. Oder Weiß verfolgt einen etwas sicheren Plan und sollte auf die offene B-Linie spielen in der Hoffung, den Bauern zurück zu gewinnen. Weiß macht weder das eine oder andere, sondern opfert irrsinnig auf e6 und hat danach eigentlich nichts rechtes in der Hand.

Beim Schachkid vibriert es.  Das Schachkid trägt seit neuestem einen Fitnesstracker am Arm spazieren. Dieses Teil misst den Puls, die Schrittzahl und weiß der Geier was alles. Das Teil soll beim Abnehmen helfen und erinnert daran, dass man doch 250 Schritte innerhalb einer Stunde sich bewegen solle. Das Schachkid steht also auf und läuft im Foyer mehrere Runden. Die Stellung wird nicht besser.

Das Schachkid gewinn den Bauern mit 21. Dxg7 zurück. Die Gegnerin denkt angestrengt nach, beim Schachkid vibrierts schon wieder. Also wieder aufstehen und bewegen. Zurück am Brett hat die Gegnerin erfolgreich nachgedacht und hackt kurzerhand auf g2 rein. Den Todesstoß gibt es mit dem schönen letzten Zug von Schwarz.

Das Schachkid gibt auf. Die Gegnerin tröstet und merkt an, das Schachkid solle sich nicht grämen. Sie habe vor zwei Wochen eine 1800 umgehauen. Na toll, das tröstet jetzt auch nicht. Aber gut hat sie gespielt, die Marlies.

So geht es nicht weiter. Erstmal eine Gänsekeule im Hotel futtern, während aus der Decke leichte Synthesizerklänge erklingen. Entspannnungsmusik und Essen kann das Hotel. Danach bewegt sich das Schachkid zur Thaimassage. Kein Termin frei. Also ab zum Teegut. Hier gibt es Wasser aus Norwegen in styischen Flaschen zum aberwitzigen Preis von 2,- € der halbe Liter. Das Schachkid liebt die schönen Dinge und greift probehalber zu.

Zeit, um den mittelalterlichen Weihnachtsmarkt zu besuchen. Der ist auch nicht mehr das, was er letztes Jahr war. Viel weniger Buden und macht schon morgen zu, statt bis zum 30. offen zu haben. Das Schachkid begibt sich zu dem Stand mit den Nüssen, um die geliebten Lebkuchen und Wasabinüsse zu kaufen. Der Verkäufer sieht das Schachkid herantreten, guckt und beginnt wortlos, Wasabinüsse in eien Tüte zu schaufeln. Offensichtlich ist das Schachkid schon bekannt.

Ab an die Bar. Die macht laut Schild erst um 15.00 Uhr auf. Der Kellner erscheint dann auch pünktlich um 15.15 Uhr. Das Schachkid ist experimentierfreudig und bestellt erneut einen großen Kaffee. Und tatsächlich, es wird einer gebracht, mit allerlei Gedöns drumherum. Für den Kuchen braucht der Kellner geschlagene 25 Minuten. An dem Punkt muss das Hotel echt noch arbeiten.

Auf dem Weg zur Partie fährt das Schachkid Fahrstuhl mit einem Rollifahrer. Dieser erzählt, dass er seit 15 Jahren im Rollstuhl sitzt aufgrund eines unverschuldeten Unfalls. Ein besoffener Autofahrer sei in ihm rein gefahren und habe dafür nur kurz im Gefängnis gesessen. Das Schachkid ist dankbar und regt sich im Grunde genommen nicht ernsthaft über lahme Kellner auf.

Mit Udo Vetter wartet ein alter Bekannter. Der Sömmerdaer spielst seit vielen Jahren das Erfurter Open mit. Und doch sieht man sich das erste Mal am Brett.

Man spielt so vor sich hin. Weiß bietet mehrfach Remis an. Das Schachkid hat keine Lust auf Remis, das Skatturnier geht erst um 21.30 Uhr los, die Happy Hour an der Bar erst um 20.00 Uhr.Das norwegische Wasser schmeckt nicht. Thüringer Waldquell aus des Schachkids Heimatstadt Schmalkalden tut es auch.

Im 20. Zug fällt die Vorentscheidung. Weiß muss die Dame gegen zwei Leichtfiguren geben. Weiß wird nervös und schnupft aufgeregt Schnupftabak. Wieso muss man zum Rauchen vor die Tür und am Schachbrett darf geschnupft werden? Ein weiteres Mysterium auf dieser Welt.

Nun sollte es zügig gewonnen sein. Schwarz spielt daher auch zügig, um sich nach 31. Ld5 verwundert die Augen zu reiben. Da ist die Dame wieder weg. Statt das Schwarz einfach mal mit dem Zurm auf a2 schlägt und den Läufer auf g2 gewinnt, was seit zig Zügen geht.

Das Schachkid hat Glück. Es geht eine kleine Kombi. Das Schachkid verbleibt mit einem Mehrbauern, der Rest ist Technik, wie man so sagt, da Weiß das Endspiel sehr passiv spielt.

Happy Hour, das Schachkid sitzt schon wieder an der Bar. Das Personal hat gewechselt. Nun läuft es rund. Die Cocktails sind zügig da und ziemlich lecker, das Hotel punktet. In der genmütlichen Lobby findet das Skatturnier statt. 2×12 Spiele gib es, jeweils an verschiedenen Tischen. Das Schachkid wird mit 248 Punken an seinen Tisch zweiter. Am Nachbartisch schwebt der Vorjahressieger Mario Geißhirt schon in anderen Regionen. Dies konnte auch der Skatfreund nicht verhindern, der im Strandoutfit mit Sonnenbrille ein Pokerface mimt.

Ein Bier, Pommes und ein neuer Tisch, es läuft nix mehr. Das Schachkid bekommt nur Murks auf die Hand und geht sogar mit einem Minus vom Tisch.  Das er nicht nur Schach spielen kann, bewies der Bundesbernd. Der Bundesnachwuchstrainer gewann das Skatturnier und löste den Beitunger Seriensieger Marco Geißhirt ab. Dieser schwor Rache für das am Donnerstag statt findene Doppelkopfturnier.

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