Das Schachkid fährt Abends mit dem Taxi aus der Bar zum Hotel zurück und stellt fest, am ersten Abend ist es wohl über den Tisch gezogen worden. Die erste Taxifahrt am Anreisetag war viel teurer als diese hier, exorbitant teurer. Na ja, gehört wohl zum Urlaub dazu.
Der Montag bringt zwei Runden. Vorrausgesetzt, man gelangt überhaupt ans Brett. Das Hotel hat 17 Etagen und drei lahme Fahrstühle. Wovon einer kaputt ist. Man wartet 15 Minuten, bis man vorwärts kommt. Zeit, sich sportlich zu betätigen. Das Schachkid läuft 9 Etagen.
Es verspricht mit Pavel Rimovsky, ein netter Senior mit 1276 Elo, eine nette schnelle Partie zu werden. Gedacht, getan, verloren. Das Schachkid spielt den Königsinder passiv und denkt sich, bei so einer Spielstärke kommt ein taktischer Schnitzer. Der nicht kam. Im Gegenteil spielt der Tscheche ganz sauber. Das Schachkid muss seine schwachen Bauern hüten und kann sich in der Endstellung gar nicht mehr bewegen. Der Senior tröstet nach der Runde das Schachkid mit den Worten, er habe 1750 nationale Wertzahl. Na toll, die niedrige Elo wird für die Auswertung genutzt.
Die Runde fand unter erschwerten Umständen statt. Zwei Spieler, die um das Schachkid herum saßen, waren offensichtlich Umweltschützer und auf sparsamen Wasserumgang bedacht. Es muffte entsprechend. Ah, ihr süßen Körperdüfte…
In der zweiten Runde ging es gegen Karel Tomasek vom Prager Schachclub. Vom Brett aus glaubt das Schachkid, seinen Augen nicht zu trauen. Steht doch da der Bundesbernd (=Bundesnachwuchstrainer). Selbiger hat diesen Spitznamen einstmals in Breitungen vom bärtigen Giftzwerg erhalten.
Was denn der Bundesbernd hier mache, begehrte das Schachkid zu wissen, Er betreue Vincent Keymer. Wen? Dies sei die größte deutsche Nachwuchshoffnung und habe schon groß in der Presse gestanden. Tatsächlich, der Kleine (11 Jahre?) hat schon 2342 Elo. Da ist das Schachkid wohl nicht auf dem Laufenden.
Überhaupt ist beeindruckend, welch starker Nachwuchs aus aller Welt hier mitspielt. Niedlich ist eine starke Gruppe mongolischer Kinder. Alle haben sie unaussprechliche Namen. Machen aber alles nieder, was ihnen vor die Flinte kommt. Das Schachkid wusste bisher nicht, dass die Mongolei eine Schachnation ist.
Zurück zur Partie gegen den symphatischen Tschechen. Das Schachkid ist diesmal sehr erfreut, nicht nur gegen kleine Mädchen zu spielen. Der Najdorf läuft etwas komisch. 6. … g6 ist wohl nicht der Standard. 10. f4 hat das Schachkid auch immer gespielt und ist damit meistens auf die Nase gefallen. 12. … Lxd4 geht eigentlich nicht, weil Schwarz den Bauern wieder gewinnt. Dxd4 muss es sein. Der feine Unterschied ist, dass nach Lxe7, Te8 der Läufer auf e2 hängt. Der Gegner sieht es nicht. Es gehen einige Bauern beim Gegner verloren. Mit 2 aus 3 ist das Schachkid zufrieden, wobei die Punkte bei der Gegnerstärke Pflicht waren.
Nerviges am Nachbarbrett. Der Tscheche dort baut ein Buffet auf. Aus der Brotbüchse steigt, neben den Weintrauben, der edle Geruch von Camenbert in die Höhe. Draußen sind es 40 Grad. Vom Marsriegel wird alle 20 Minuten ein Stück abgebissen. Nach drei Stunden ist der Riegel geschafft, man steigt nun auf ein Corny um. Dazu packt der Tscheche drei Getränke auf den Tisch und fängt tatsächlich an, sich ein Getränk zu mixen. Das Schachkid ist genervt, der Gegner des Gourmet die Ruhe selbst.