16. Juli 2020

39. St. Veiter Jacques-Lemans-Open – Der Kreuzbergl und das Mysterium Wörthersee

Das Schachkid ist ein wenig ungehalten. Der Duft männlichen herben Schweißs umweht das Erdbeermarmeladenbrötchen des Schachkids. Am Nebentisch sitzen die 80er. Ein Kerl Ende 30, gerade vom Joggen eingetroffen, mit Stirnband, Schnauzer und ultrakurzer Turnhose, die mehr zeigt als sie verdeckt. Genau das, was das Schachkid am frühen morgen sehen und riechen will.

Heute geht es nun endlich nach Klagenfurt. Der Dr. Dave macht heute den Reiseleiter. Er hat gegoogelt und will den Lindwurmbrunnen und den Wörtersee sehen, letzteren von einem Aussichtspunkt vom Kreuzbergl. Dieser ist der Hausberg von Klagenfurt und vergleichsweise mickrige oder imposante, je nach Perspektive, 517 m hoch. Natürlich kann man nicht mit dem Auto ran fahren, sondern muss ein Stück gehen.

Das Schachkid befragt den Dr. Dave, ob man eine Wasserflasche nebst Rucksack mitnehmen müsse, was dieser bejaht. Da wird das Schachkid das erste Mal mißtrauisch. Der Berg ist doch ein wenig steil. Gerade in diesem Augenblick höchster Atemnot ruft auch noch der große N.W. an, um sich dann das Keuchen des Schachkids anzuhören. Ein zweites Mal mißtrauisch wird das Schachkid, als diverse Schilder diverse Rundwege mit vielen Kilometern Länge ausweisen.

Man navigiert also durch den Wald, quasi stundenlang. Der künftige FM ist vor Freude kaum zu halten und stürzt sich auf jedes Sportgerät, dass er am Rand des Trimmdich-Pfades findet.  Die Anzahl der Klimmzüge, die er schafft, und sein Bizeps sind in der Tat beeindruckend. Offenbar hat er neben dem Schach noch ein Sportlerleben. Da können der Dr. Dave und das Schachkid nur neidisch gucken.

Während das Schachkid mal wieder prustend pausiert, der künftige FM hat schon den Transport des Rucksacks vom Schachkid übernommen, kommt eine dynamische Endfünfzigerin eilig und barfuß den Waldpfad hoch. Das mache sie jeden Tag, erklärte sie. Das sieht man der fitten Frau auch an. Wo der Wörthersee ist, weiß sie aber auch nicht.

Man entschließt sich jetzt für den direkten Pfad. Ständig gibt es Wegeskreuzungen, aber keine Schilder. Dem Schachkid dämmert so langsam, das der Dr. Dave das Schachkid reingelegt hat und klammheimlich eine Wanderung eingefädelt hat, der das Schachkid nie zugestimmt hätte.

Man biegt ab, die barfüßige Frau überholt und meint, es gehe geradeaus. Nächste Kreuzung, man biegt ab und steht im Wald, vom Wörthersee keine Spur. In der Höhe surrt der Heli der Bergwacht. Die Frau kommt nun entgegen, hat immer noch keine Ahnung, wo der Wörthersee ist, aber der Weg geradeaus sei günstig. Vermutlich existiert diese Frau gar nicht, sondern ist ein Berggeist, der immer dann auftaucht, wenn Wanderer falsch gehen.

Man läuft im Kreis. Zum Reiseführer taucht der Dr. Dave nicht. Das Schachkid zückt  sein Handy und kauft für 29,90 € weltweites Wanderkartenmaterial. Das Schachkid führt nun die Truppe mit der Wanderapp an. Diese weist auch umgehend darauf hin, dass man dringendst umkehren müsse. Was man auch tut. Die App führt zielstrebig zum nächsen touristischen Highlight, ein Strommast auf dem Bergesgipfel im Wald. Weit und breit kein Wörthersee zu sehen.

Der Himmel zieht sich zu. Man beschließt, das Herumgelaufe im dichten Wald abzubrechen und zum Auto zurückzukehren. Der künftige FM übernimmt die Führung. Und qualifiziert sich klar zum Reiseführer des Tages, da er zielstrebig das Auto findet. Kein Wörthersee, aber die Wanderung war in der Tat ganz nett – das muss das Schachkid zugeben.

Zweite Station – der Lindwurmbrunnen aus dem Fels des Kreuzbergl gehauen. Nun ja, man steht bald vor dem Brunnen und ist etwas ratlos. Er steht dort so herum, der Brunnen, wirkt aber nicht sehr beeindruckend. Dem Platz, auf dem der Brunnen steht, bzw. ganz Klagenfurt fehlt es an Ambiente. Das Schachkid hätte es sich etwas barocker oder mittelalterlicher vorgestellt. Immerhin, ein Wirtshaus mit guter Kärtner Küche, kann klar punkten.

Die Skatrunde startet heute nicht gut. Das Schachkid legt gleich mit -66 im ersten Spiel vor. Das ging schief. Der Dr. Dave spielt zwei grandiose Runden und schiebt sich mit 175 Punkten auf den ersten Platz. Aber dann kommt das Schachkid zurück. Die ersten drei Bockrunden werden gewonnen. Dann wird noch ein Grand in einer nächsten Bockrunde nachgeschoben und die Gegner völlig deglassiert. Da kann heute auch der künftige FM nichts machen. Das Schachkid denkt darüber nach, von Schach auf Skat umzusatteln.

Das Schachkid muss wohl in irgendeiner Datenbank stehen. Jeder Ösi, der die schwarzen Steine gegen das Schachkid führt, spielt Caro-Kann.

Nach dieser Partie ist das Schachkid ein wenig frustriert. Wieder eine Partie, mit der man mit weniger passiven Spiel und mehr Wagnis mehr daraus hätte machen können. Die Eröffnungszüge spielen sich so mechanisch runter. Da wären schon bessere Züge drin gewesen. g4 ging lange, das Schachkid traut sich nicht recht. Ob dieses Spielstiles ist das Schachkid doch sehr frustriert.

Relativ gelassen nimmt dafür der künftige FM seine Niederlage gegen einen IM. Eine wilde Stellung war das. Der gegnerische König etwas eingeklemmt, der künftige FM mit vier Einzelbauern auf dem Brett. Kaum zu durchblicken, aber der IM machte das Ding klar. Der Dr. Dave machte es kaum besser. Mit Schwarz fand er sich in der Vorstoßvariante im Caro-Kann wieder. Der Gegner installiert einen Bauern auf e5, den kriegt der Dr. Dave nicht weg und spielt in einer eingeschnürten Stellung. Nein, das macht keinen Spaß.

Da hilft nur das Warten auf die nächste Runde…

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