Heute ist der vorletzte Turniertag. Am 25. Oktober 2019 werden gleich zwei Runden gespielt. Was sehr schade ist, denn die Sonne scheint. Und das Schachkid möchte sich gerne in ein Cafe in die Sonne setzen und etwas trinken. Die Motiviation ist also wie immer irgendwo zwischen “will gewinnen” und “jetzt nicht”. Der gastgebende Verein sorgt erstmal für gute Stimmung und schenkt jeden Teilnehmer eine Flasche österreichischen Wein. Bzw. dem Nachwuchs Orangensaft.
Den hat der Nachwuchs gar nicht nötig. Ganz vorne spielt FM Konstantin Peyrer mit. Der ist gerade 15 Jahre alt. Leopold Franziskus Wagner hat nur eine 2096 Elo. Aber der ist ja auch erst 12 Jahre. Da wird es mit dem FM zum 15. Geburtstag sicher klappen. Offenbar leistet man in Österreich gute Nachwuchsarbeit.
Gott sei Dank hat das Schachkid mit Suejd Ibrahimi einen erwachsenen Gegner. Der aber nicht kommt. Das Schachkid wartet die vorgeschriebenen 30 Minuten Karenzzeit und stapft dann zum Schiri. Ja, der komme immer zu spät. Der komme vom anderen Ende der Welt. Das Schachkid solle noch warten. Das Schachkid kommt aus dem fernen Deutschland angeflogen und hat absolut keine Lust zu warten. Die Sonne scheint. Das Schachkid möchte den Punkt haben und sich dann gefälligst ins Kaffeehaus setzen, wie es sich in Wien gehört. Wie lange es denn noch warten solle, fragt daher das Schachkid zurück. Der Schiri ist kurz irritiert. Mit der Rückfrage hat er wohl nicht gerechnet.
Das Schachkid begibt sich zum Heldenplatz, das Cafe Baleria kommt dazwischen. Das Schachkid genehmigt sich einen Cafe Superb mit Rum. Und Sacherwürste mit Gulaschsaft. Es kommen schnöde Wiener Würstchen. In Österreich heißt alles anders. Der Taxifahrer ist ein Taxilenker und der Fußgänger ein Fußgeher.
Heute ist Nationalfeiertag. Zu diesem Anlass zeigt das Bundesheer auf dem Heldenplatz alljährlich in einer Leistungsschau, was es kann. Ziemlich wenig offenbar, da es unterfinanziert ist, wie der ausführende taktische Offizier vorträgt. Zeutungsberichten zufolge muss die Wiener Garde mangels Transportern Touristenbusse nehmen, um von A nach B zu kommen. Pioniere können keine Brücken bauen. Für die alpine Einheit ist keine Aufklärung möglich. Die Drohnenabwehr ist ein ganz schwieriges Thema. Offenbar muss man sich um die Verteidigungsfähigkeit von Österreich ernste Sorgen machen.
Es wird die Errichtung eines mobilen Checkpoints gezeigt und aktivierte Hunde, die Verbrecher zur Strecke bringen. Es steht allerlei militärisches Gerät herum. Dem voran ging ein öffentliches Gelöbnis. Die Veranstaltung hat Volksfestcharakter. In Deutschland wäre eine solche Veranstaltung sicher undenkbar. Erst ein öffentliches Gelöbnis im Bendlerblock und davor ein Volksfest, bei dem Panzer ausgestellt werden und die Kinder aufblasbare Panzer als Luftballons bekommen.
Der Österreicher sieht es gelassen. Auf der einen Seite der Hofburg ist ein kleiner Antifa-Stand zu sehen, der aber nur von einem Orgelspieler bewacht wird. Auf der anderen Seite der Hofburg steht deutlich mehr Polizei. Hier halten Die Itenditären, eine rechte Bewegung, eine Kundgebung ab. Der Redner erzählt gerade, dass wieder Militär an dei Grenze müsse. 20 Besucher sind auch da. Das Schachkid muss erstmal einen Polizisten fragen, was das für eine Partei ist und tippt auf die FPÖ. Der Polizist meint, das Schachkid müsse nicht wissen, wie die Partei heiße, das seien alles eh nur blöde Kasperl.
Dem Schachkid fallen zwei Typen auf, die ein Plakat “Pro Chemnitz” in die Höhe halten. Das wundert das Schachkid nun doch. Sachsen in Wien, die dort ja selber Ausländer wären? Das Schachkid begibt sich zu dem Typen mit dem Schild hin und tippt ihn auf die Schulter, um zu erfahren, wiso er in Wien für Chemnitz demonstriert. Der Typ reagiert leicht genervt und meint, das Schachkid solle gefälligst googlen. Er wolle jetzt die Rede anhören. Mittlerweile trägt gerade eine Omi im Dirndl mit dünner Stimme vor, welch fatale Fehler die österreichische Bundesbank so mache.
Das Schachkid hört nicht zu, da es nach Pro Chemnitz googelt. Eine rechte Guppierung ist das, sagt Google. Was die nun im Ausland in Wien wollen, ist dem Schachkid nun trotzdem ein Rätsel.
Nach so viel politischen Stress bleibt nur der Weg ins Kaffeehaus, um sich mit anderen Attraktionen Wiens, z.B. dem Apfelstrudel, zu beschäftigen.
So nun wieder ein Knabe. Mit einer fast 1800 Elo. Den nervigen Nachwuchs hat das Schachkid ja schon erwähnt.
Der Nachwuchs zeigt sich nach der Partie sichtlich irritiert über die lange Rochade des Schachkids. Die ginge ja gar nicht. Geht sehr wohl, hat das Schachkid neulich nachgelesen. Wieso das Schachkid verliert, weiß es trotzdem nicht. Gegen das weiße 18. g4 findet das Schachkid keine vernünftige Idee, auch nach 20 Minuten Nachdenkens nicht. Das Schachkid versucht es mit einem Königsangriff. Der aber nichts bringt. Das könnte auch das Schachkid sehen. Aber wieder einmal merkt das Schachkid, dass komplizierte und lange Stellungsberechnungen dem Schachkid unheimlich schwer fallen. Offenbar ein Ansatzpunkt für das Training.
Bleibt die letzte Runde – Dank der Zeitumstellung immerhin eine Stunde länger ausschlafen.