Neuer Tag, die Sonne scheint. Die Laune steigt, das Schachkid fühlt sich nun akklimatisiert und ist bereit für große Taten. Aufgrund der notwendigen Zeit der Akklimatisierung kann das Schachkid vermutlich keine 5-rundigen Turniere mehr spielen. Oder muss immer zwei Tage eher anreisen. Es ist kompliziert, je älter man wird. Die Zeit recht noch für ein paar Telefonate nach Erfurt. Nicht dass der arme Schachwizard, der in Erfurt weilt, auf dem Trockenen sitzt.
Die Runde geht diesmal mit, für hiesige Verhältnisse kurzen Verspätung los, diesmal nur 15 Minuten. Der Spiegel ist da und berichtet. Harald, des Schachkids Freund, weiß zu berichten, dass es einen kurzen Beitrag in der Tagesschau gab, um 20.00 Uhr. Und Nettflix ist nun auch da. Und sieht so aus, wie man sich ein amerikanisches Team eines amerikanischen Streaminganbieters vorstellt. Jung und mit einer ziemlich coolen Atitüde, vor der jeder Deutsche verblasst. Vorneweg ein Schwarzer mit langen Rastazöpfen, der schon in seinen Gang ausdrückt, ich bin cool. Dahimter ein Asiate mit Haaren bis zum Hinterteil. Was cool aussieht, da er auch noch recht breitschultrig ist. Dahinter weitere Menschen mir riesigen Kameras und sonstigen Kram. Eine Dame schleppt einen Rucksack nur mit der Tontechnik.
Man sei gekommen, um Hans Niemann und Magnus Carlsen Auge in Auge zu filmen, so der Noppes. Sitzen sie auch, wenn auch an verschiedenen Tischen. Aber immerhin.
Gekommen ist auch eine Finja, nämlich ans Schachbrett des Schachkids. Die junge Dame trägt passenderweise Regenbogenohrringe. Falls dies ein politisches Statement sein soll, gefällt es dem Schachkid. Manfred, letzte Woche noch mit dem Doktor in Erlangen, schaut auch vorbei. Letztes Jahr hatte er noch irgendwo ein kleines dubioses Osteropen mitgespielt. Dieses Jahr sucht er die Herausforderung.
Der Gegner in Runde 1 spielte auch das Schachopen letztes Wochenende in Erlangen mit. Auf Nachfrage des Schachkids war dem Gegner der dicke Doktor aber nicht bekannt. Auch der Hinweis auf den zweiten Platz des Doktors half dem Gegner nicht auf die Sprünge. Am Marketing muss der Doktor noch arbeiten.
Jedenfalls gefällt dem Schachkid an der Gegnerin, dass diese in ein schnelles Remis einwilligt. Das Schachkid greift ein wenig lustlos an, will aber eigentlich in den Zoo. Das hat das Schachkid wegen des Wetters im letzten Jahr nicht geschafft. Der Zoo liegt mitten in der Stadt und praktischerweise direkt neben dem Spiellokal. Also rein da.
Wenig überraschend, auch andere Menschen hatten diese Idee an einem sonnigen Samstag. Es ist recht voll, aber nett gestaltet. Es gibt einen See mit einer Rundfahrt. Das Schachkid traut sich nicht auf das doch sehr instabile Bötchen, das nicht sehr vertrauenserweckend aussieht. Das Wasser kostet 4,50 €. Die Spätzle sind geschmacklich auf dem Niveau einer Kantine und preislich auf der Höhe eines edlen Restaurantes.
Was tut man nicht alles für einen Eisbären. Dieser heißt Mika, ist 6 Monate alt und alle wollen ihn sehen. So steht man 30 Minuten an und hat dann vor dem Gehege 5 Minuten Zeit, ehe man weiter ziehen muss. Der Kleine ist auch wirklich süß und planscht, bewacht von der Eisbärenmama, vergnügt im Wasser mit diversen Bällen. Noch süßer, das muss das Schachkid zugeben, findet es allerdings die wirklich niedlichen Erdmännchenbabys im Gehege nebenan, die einen Obstteller futtern. Da fällt der Schimpanse, der sich ausgiebig sein Gemächt kratzt, gar nicht ins Gewicht. Man muss sagen, das Remis hat sich gelohnt.
Zurück im Hotel stellt das Schachkid erfreut fest, das TBG geantwortet hat. Er habe sich lediglich aus dem aktiven klassichen Schach zurück gezogen. Und dass er Chess360 nicht leiden könne, habe er nie gesagt. Das sei sein Kumpel Christof aus dem Podcast. Sei es wie es sei, der TBG ist wirklich sehr symphatisch und auch sehr nahbar. Und steht am Nachmittag eine Stunde lang für Selfies und Autogramme zur Verfügung.
Überhaupt sind die Stars hier sehr nahbar. Man kann dicht an die Bretter ran. Die Stars sind sehr Casual unterwegs. Da wird kein Anzug getragen. Da steht man plötzlich direkt neben Caruana und kann ihn fotografieren. Vor ein paar Jahren ist er dem Schachkid in Berlin noch weggelaufen. Der dicke Doktor kann es bezeugen. Hier muss er am Brett bleiben. Nepo hat beeindruckende Tatoos auf dem Arm. Und eine ganze Reihe von GMs kennt das Schachkid auch nicht. Da hat es das Schachkid nicht so, während andere Fans Autogramme jagen. An jeden wichtigen Brett steht eine Kamera, sodass man bei Youtube viel zu tun hat. Auch der unermüdliche Klaus Bischoff kommentiert unterhaltsam vor Ort. Die mediale Vermarktung ist wirklich sehr beeindruckend und tut viel für den Schachsport.
Getan werden muss auch was am Brett. Diesmal ein Erfurter. Diesmal 35 Minuten Verspätung mit dem Rundenbeginn. Das Schachkid ist nun wirklich maximal genervt. Man habe 50 Teilnehmer umgetragen, so der Noppes, die vom klassischen Schach in das Chess960-Turnier gewechselt sind. 15.58 Uhr, zwei Minuten vor Rundenbeginn ist immer noch keine Auslosung da. Tausende Schachspieler stehen herum und im Weg und wissen nicht wohin. So professionell die Veranstalter sonst auch sind, die Auslosung und Pünktlichkeit bekommt mancher Dorfverein besser hin.
Der Erfurter jedenfalls macht merkwürdige Züge. Den Bauern auf a7 lässt er sich ersatzlos rausschlagen. Dann tauscht er seine Dame gegen zwei Türme, was nun wirklich nicht notwendig war. Als das Schachkid Sf7+ Schach gibt, fragt der Erfurter, ob das Schachkid etwa Remis durch Dauerschach wolle. Dem Schachkid schwebt eher ein ersticktes Matt vor, was dem Erfurter allerdings erst 5 Minuten später klar wird. Nun ja, das ging schnell. Da bleibt Zeit für die Abendgestaltung.
Das Schachkid probiert erstmal die Foodtrucks aus. Ein schwäbelner farbiger freundlicher Mann, der Kaiserschmarrn offeriert, ist nicht das, was man zunächst erwartet. Gemeinsam versucht man dann, 5 Ukrainerinnen von der leckern Güte des Kaiserschmarrns zu überzeugen. Wobei das Wort „lecker“ nicht so einfach erklärt werden kann.
Das Schachkid entdeckt eine Travestishow namens „Osterglocken“ und fährt probehalber zum Theater. Leider ausverkauft, keine Restkarten. Was die Stadt Karlsruhe dazu bringt, am Samstag Abend eine Tram einzusetzen, die nur einen Wagen hat und sich die Leute stapeln, weiß nur die Stadt selber. Immerhin, 5 Stationen zum Hotel schafft das Schachkid.
So muss wieder die Hotelbar herhalten, die bedauerlicherweise den Rest von Ostern trotz vollen Hauses zu hat. Komisches Konzeot hat das Hotel. Keine Bar, keine tägliche Reinigung des Zimmers. Die Reinigung des Zimmers, die das Schachkid an der Rezeption angemeldet hat, erfolgt natürlich auch nicht. Zur Entschädigung nimmt das Schachkid drei Eierlikör. Das Hotel hat erfreulicherweise die Vorräte in der Lobby erneuert.