Hoch motiviert geht es in den ersten Turniertag. Überraschenderweise hat das Schachkid den Cocktail vom Vorabend gut verkraftet, lässt aber beim Frühstück lieber den Prossecco weg. Kurz noch der Gedanke, das das Schachkid demnächst laufen wird. Am Vortage ist es mit 100 km/h durch eine 50er Zone gerauscht und ist sich ganz sicher, da gab es kein Schild zur Geschwindigkeitsbegrenzung. Sei es drum, da muss nun mit dem Schach die Ausgeglichenheit gesucht werden.
Die Eröffnung verläuft diesmal kurz und knackig. Der Hoteldirektor ist ein wenig rundlich und genau wie das Hotel, freundlich und symphatisch. Das ist ja wirklich alles Geschmackssache. Aber das Schachkid, das viel herum kommt, auf und neben dem Schachbrett, hält diesen DSAM-Standort für den genialsten Turnierort ever. Da ist dem DSB wirklich, Achtung Wortspiel, ein genialer Schachzug, gelungen.
Zum Start gleich ein Jugendlicher, der aber nicht so richtig mit der Eröffnung klar zu kommen scheint. Was will die Dame auf a5? Der Jugendliche weiß es nicht, das Schachkid auch nicht. Aber die Dame kann man prima angreifen. Zum Ausgleich lässt das Schachkid im 27. Zug einen Bauern stehen. Den nimmt der Jugendliche schamlos mit. Er ist nun im Vorteil, während der Angriff des Schachkids verpufft ist. Im Endspiel bekommt das Schachkid aber wieder Oberwasser. Der Gegner wird ausdominiert und weiß gar nicht, was er ziehen soll. Der Bauer wird mühevoll zurück gewonnen. Dem Schachkid wöre nun ein Dauerschach nicht ungelegen. Der Jugendliche will aber nicht und stellt zum Ausgleich das Endspiel ein. Schnell stapft er davon, was das Schachkid auch gemacht hätte. Eine spannende Partie hat der junge Gegner jedenfalls geliefert.
Mehr als vier Stunden hat die Partie gedauert. Das war nicht so geplant. Und so bleibt nicht viel Pause übrig. Immerhin zum Bäcker reicht es noch. Wobei der lokale Bäcker eher Umsatz mit belegten Brötchen macht denn mit klassischen Brötchen, wie ein Schachspieler mutmaßt und erstmal kontrollieren will, ob der Bäcker wirklich auch einfache Brötchen feil bietet. Der Leser, der das schöne Verb „feil bieten“ nicht kennt, möge bitte im Duden nachschlagen.
Das Schachkid gedenkt zu ruhen. Aus dem 9. Stock hat man einen beruhigenden Ausblick auf das Wasser. Die Oltimerralley von nebenan, die wirklich schöne Autos zeigt, aber leider so gar nicht des Schachkids Sache ist, macht nur morgends und Abends etwas Lärm. Mittags zum Mittagschlaf ist Ruhe, jedenfalls bis das weibliche Ungeheuer den Balkon eine Etage tiefer betritt. Die Frau hat eine laute und unangenehme Stimme – Verona Feldbuch zu ihren besten Zeiten war dagegen eine liebliche Sirene. Das Schachkid macht gerade die Augen zu. Als der Mann der Schnepfe eine Ansage bekommt, er solle den Tisch frei machen, der sei noch nicht gesäubert. Das Prachtweib macht es sich nun bequem, während das Schachkid versucht, hinwegzudämmern. Man will ja schließlich Punkte holen.
Die Gans von unten erzählt nun eine wilde Story, dass sie den Weg irgendwohin nicht gefunden hat. Sie ist links und nicht rechts abgebogen, wie auch immer. Das Schachkid jedenfalls ist empört ob dieser Inkompetenz und des Lärmes. Es tritt auf den Balkom hinaus und ruft in die Welt „Wen interessiert denn das…“. Kurzes verblüfftes Schweigen eine Etage tiefer. Schnell und schlagfertig kommt die Antwort „Sie können ja reingehen.“ Das muss man der Drossel lassen, sie hat schnell geschaltet, geht dann aber ihrerseits rein. Offenbar soll doch nicht das halbe Hotel ihre sagenhaften Heldentaten der Wegfindung mitanhören.
Der nächste Gegner begibt sich zum Brett. Der fällt erstmal durch sein T-Shirt auf, was den Spruch trägt „Ein Tag ohne Schach bringt mich nicht um. Aber wozu das Risiko eingehen.“ Team Narva aus Berlin hält sich nicht mit solchen Kleinigkeiten auf, sondern läuft geschlossen in T-Shirts mit dem schönen Motto „Sex, Drugs, Schach“ auf. Mit diesen Sprüchen sind die Freuden des Schachsports ausreichend empor gehoben. Sodass sich das Schachkid der Partie widmen kann.
Leider nicht sehr lange. Weiß schlägt mit der Fantasy-Variante zu. Womit das Schachkid überhaupt nicht klar kommt und irgendwie die Partie beizeiten und zügig weg stellt. Jedenfalls ist das Schachkid schon sehr überrascht, als der Gegner erst den Läufer opfert und dann noch mit dem Springer auf e5 zuschlägt. Das hat das Schachkid nicht kommen sehen, der nette Gegner aber schon. Der kommentiert, das habe das Schachkid doch sonst gewonnen. Auf Nachfrage gibt der Gegner zu, in eine Onlinedatenbank geschaut und Partien des Schachkids erspäht zu haben. Diese Variante habe das Schachkid schon gespielt und auch gewonnen. Da kann sich das bedauernstwerte Schachkid beim besten Willen nicht erinnern. Immerhin ist das Schachkid offenbar so gefürchtet, dass sich die Gegner neuerdings vorbereiten. Ruhm, wem Ehre gebührt.
Erfreulicherweise ist man früh dran. Die Wetterprognosen liegen glücklicherweise alle daneben. Statt des angesagten Regens gibt es puren Sonnenschein. So kann das Schachkid seien Fitnessziele verfolgen – 4 km am Stück Spazierengehen. Für manchen Leser ist dies eine Kleinigkeit, für das Schachkid ein Marathon. Immerhin, im Januar ist das Schachkid mit einem Kilometer gestartet. So wird zu einem Naturfelsen navigiert, der ein lokaler POI sein soll, sich aber als öde Rampe einer Segelschule entpuppt.
Da gibt es nur einen Ausweg, erst Buffet und dann die Bar. Hier hat schwingt der wunderbare Nemad Mandic das Zepter bzw. den Klavierflügel. Ein schönes Stück nach dem anderen wird intoniert. In der Pause spielt der Maestro spanische Musik vom Band. Womit er beim Schachkid natürlich erst recht landet. Das Schachkid labt sich an einem Mai Tai und ist zufrieden. Da hat die DSAM wirklich viel zu bieten bei ihren letzten Turnier.