17. November 2014

Skuriles und Merkwürdiges beim Havelcup

Der Sontag war grau und nieselig. Also beschloss das Schachkid, nach Berlin Spandau zum Havelcup zu fahren. Auch wenn die Nacht davor mit fünf Stunden wegen des Schacharena-Treffens in Berlin sehr kurz war. Das Schachkid hatte sich kein Ziel gesetzt, sondern wollte einfach nur etwas Spaß haben, sozusagen das Hier und Jetzt genießen.

Der Havelcup wurde von Zitadelle Spandau in einem Seniorenzentrum durchgeführt. Schöne Räumlichkeiten direkt an der Spree, von der wegen der grauen Suppe net viel zu sehen war.

Wie immer raste das Schachkid zeitlich auf Kante genäht genau um 9.30 Uhr heran, wie in der Ausschreibung gefordert. Es war wie immer zu spät um halb neun los gefahren. Das war aber nix gegen die fünf Oderstädter vom USC Viadrina, auf die das Schachkid traf. Diese waren bereits um sieben Uhr mit dem Zug aufgebrochen.

Nachdem endlich ein Parkplatz gefunden war, wie immer in Berlin sehr schwierig, trabte das Schachkid ins Spiellokal und sah sich sofort einer Horde Russen gegenüber. Diese hier waren aus Berlin und sehr starke Spieler. Während in Thüringen, der alten Heimat des Schachkids, üblicherweise ein Spieler mit 2000 DWZ das Feld anführt, finden sich in Berlin drei Großmeister, zwei Internationale Meister und sieben Fidemeister im Starterfeld.

Unter den Russen war mit Albert Metzger ein Spieler, der das Schachkid frappierend an den amerikanischen Schauspieler Dean Stockwell und an die Serie “Zurück in die Vergangenheit” erinnert. Das Schachkid liebt diese tolle Serie.

In der ersten Runde war das Schachkid noch nicht richtig wach. Gegen Carsten Schirrmacher, der Nummer 23 von 78 Spielern, lies es in einem verunglückten Caro-Kann sage und schreibe drei Bauern stehen. Das Schachkid beschloss daher, erstmal einen Kaffee zu trinken.

Gleich nach der ersten Runde beschwerte sich ein Spieler beim Schiri über einen anderen Spieler. Dieser hatte offensichtlich eine tief sitzende Hose an, so dass man dessen Zitat “Arschspalte sehen könne”. Diese würde sehr stark müffeln. Dies sei ein Verstoß gegen die Menschenwürde. Der Schiri möge sofort was tun. Der Schiri lächelte milde, verdrehte kurz die Augen und übte sich sonst in Ignoranz.

Der Kaffee half. Das Schachkid fand sich gegen Ansgar Thesing nach der englischen Eröffnung in der besseren Stellung wieder. Leider drohte dieser, das Schachkid matt zu setzen, ehe dieses selber matt setzen konnte. Also gab das Schachkid auf. Wieder einmal zu früh. Der staunende Gegner zeigte dem Schachkid, wie das Matt einzügig abzuwehren war. Wie schon Captain Picard sagte: Es gibt immer eine Alternative.

In der dritten Runde bekam es das Schachkid mit dem kleinen Schachkid Jona Wittstock zu tun. Hinter dem Schachkid stand ein Spieler und beliebte, laut schmatzend ein Brötchen zu verzehren. Das Schachkid war genervt und fragt sich, wieso es bei manchen, vor allen aber bei Schachspielern, an den einfachsten Manieren fehlt.

Schnell gewann das große Schachkid eine Figur und hatte das kleine Schachkid kurz vor dem Matt. Das kleine Schachkid schaute das große Schachkid traurig an und fragte hoffnungsvoll Remis? Da willigte das Schachkid ein, zur Freude des kleinen Kids.Was soll man machen, gegen kleine Kinder grundsätzlich auf Gewinn spielen? Das Schachkid meint, dass hier Ehrgeiz fehl am Platz ist, man auch mal einen halben Punkt geben kann, um den kleinen Nachwuchsspieler zu erfreuen. Gewonnen wird dann gegen die Erwachsenen.

Vor der vierten Runde wurde die nahende Pause mit leckerem Chili angekündigt. Das Schachkid wollte daher schnell gewinnen. Steven Stark, der gar nicht so stark spielende spielende Spieler, hatte andere Pläne. Er ließ die Dame stehen, spielte aber bis zum bitteren Ende weiter. Sowas kann das Schachkid gar nicht leiden, wenn Gegner mit einer Dame weniger weiter spielen. Offensichtlich halten derartige Spieler ihren Gegner für blöd und unfähig, mit einer Dame mehr zu gewinnen. Das Schachkid meint hier ausdrücklich erwachsene Gegner, nicht Kinder. Der Schmatzer war übrigens auch noch da.

Rainer Hoffmann hieß der nächste Gegner, ein erfahrener Senior. Im Caro-Kann einen Bauern verloren, fix alles ab etauscht, der Gegner konnte das Springer Endspiel besser, fix war es verloren. Springer sind eklige kleine Biester.

Die sechste Runde bescherte dem Schachkid mit Maximilian Steiner ein bekanntes Gesicht aus Frankfurt (Oder). Ein kurzer schneller Arbeitssieg ohne Glanz für das Schachkid, wie man im Fußball sagen würde.

Spruch des Tages: Ab 100 kg gehört man zu den bedeutenden Menschen. Gehört bei zwei Schachspielern, die sich über ihr Körpergewicht unterhalten. Spannend sind auch die beiden Spieler, die trotz beheizten Spiellokals während des ganzen Turniers dicken Schal und Pudelmütze aufbehalten. Oder der Vater, der jede Partie seines Sohnes in Echtzeit auf Video festhält, indem er eine riesige Videokamera auf das Brett richtet. Das ist mal eine Alternative zum Mitschreiben.

In der siebten Runde bekam es das Schachkid mit dem Double von Dean Stockwell zu tun. Das arme Schachkid konnte sich kaum konzentrieren. Schräg rechts von ihm saß die Hexe von Eastwick, links ein rassiger Italiener, der aus einem Katalog entstiegen schien. Trotzdem konnte das Schachkid mühevoll zwei Bauern gewinnen, nur um dann einen Turm zu verlieren, den es wegen eines drohenden Grundreihenmatt nicht wieder nehmen konnte.

Auch in der achten Runde brachte es das Schachkid nicht übers Herz, zu gewinnen. Das Los brachte den kleinen Marc Krause. Der 10-jährige spielte sehr überlegt und bewies ein sehr gutes positionelles Verständnis. Letztendlich musste er einen Läufer geben und geriet in arge Zeitnot. Als er noch 14 Sekunden auf der Uhr hatte, bot das Schachkid mal remis, was der Kleine dankend nahm. Das Schachkid denkt, das hier ein echtes Talent heran wächst und es in vier Jahren wohl von dem Miinikid umgenietet werden wird.

Die letzte Runde gegen Markus Zelanti wurde nochmal scharf. Dieser spielte vollkommen unlogische Eröffnungszüge, die eigentlich verlieren mussten. Das Schachkid stand trotzdem auf einmal mies. Erfreulicherweise lies der Gegner im Scharmützel die Dame stehen. Natürlich musste das Schachkid trotzdem wieder bis zum Ende spielen.

Das Turnier wurde von einem Großmeister mit tief sitzender Hose gewonnen. Aucb das Schachkid bekam überraschenderweise zu Rum und Ehre, nämlich 1. Platz U1600. Das Schachkid denkt, dass dies nur ein Irrtum sein kann, da es so unambitioniert gespielt hat, nahm den Preis aber dankend mit.

Ein schönes Turnier, das sehr stark besetzt war, aber auch seine Chancen bot. Dazu allerlei skurile kleine Szenen, die mal wieder bestätigen, dass Schachspieler eben alle eine kleine Macke haben.

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3 Comments

  • Hallo Schachkid,
    endlich beschäftigt sich mal jemand investigativ mit dem Schach. Fehlt leider noch das ultimative Beweisfoto und eine Geruchsprobe…
    Danke auch für die beruhigende Information, dass ich neben Rabiega und Hoppe eine wirklich wichtige (gewichtige) Person im Berliner Schachleben bin..
    Ein wirklich gelungener Bericht!

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